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Müll-Skandal: Schmutziges Erbe

Nach der Verurteilung des Müllbarons fordern die Kommunen Schadenersatz. 144 000 Tonnen Müll lagern in mittelmärkischer Erde

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Potsdam-Mittelmark - Was wird aus den Hinterlassenschaften des mittelmärkischen Müllbarons? Nachdem am Donnerstag das Urteil gegen den Bad-Belziger Ex-Polizisten und Recyclingunternehmer Bernd R. gefällt worden ist, fordern die von ihm geschädigten Kommunen jetzt Schadenersatz. Auf zivilrechtlichem Wege wollen sie sich zumindest einen Teil der Kosten wiederholen, die er mit seinen illegalen Machenschaften auf ihren Gemarkungen verursacht hat. „Wir wollen alle Rechtsmittel ausschöpfen“, kündigte gestern die Wusterwitzer Amtsdirektorin Gudrun Liebener gegenüber den PNN an. Allein in ihrem Amtsbereich hatte Bernd R. drei Alt-Deponien mit neuem Unrat aufgefüllt, der nun eigentlich beseitigt werden müsste.

144 000 Tonnen Abfall ließ der heute 57-jährige zwischen 2005 und 2008 auf sechs Altdeponien und in einem Kiestagebau unter der Erde verschwinden, dafür muss er nun für vier Jahre und drei Monate in Haft. Eigentlich hatte er von den Gemeinden den Auftrag erhalten, diese Müllkippen zu versiegeln. Indem er neuen Müll dazuschüttete, machte er sie zu tickenden Zeitbomben. Denn wenn der Regen den Abfall auswäscht, könnte das Grundwasser verschmutzt werden – zumal mancherorts auch medizinische Abfälle lagern. Die Kosten für einen kompletten Rückbau hatte ein Gutachter im Auftrag der Potsdamer Staatsanwaltschaft Potsdam auf insgesamt knapp 73 Millionen Euro beziffert – Geld, das weder der Kreis noch die Kommunen haben.

Bernd R. soll mit seinen Müll-Deals unterm Strich 4,3 Millionen Euro Gewinn gemacht haben, schätzt die Staatsanwaltschaft. Von dem Geld dürfte jedoch nicht mehr viel übrig sein: Einen Teil hat er in seine Firmen und in sein Haus im Bad-Belziger Ortsteil Bergholz investiert, für einen weiteren Teil hat er insgesamt 38 Waldgrundstücke gekauft – die nun jedoch seiner Frau Ingrid R. gehören. Gegen die immer noch im Dienst befindliche Autobahnpolizistin ermittelt die Staatsanwaltschaft seit geraumer Zeit. Sie soll R. unterstützt und in seiner Recyclingfirma laut Zeugenaussagen ein Wörtchen mitgeredet haben. Allein aus Holzverkäufen soll sie zusammen mit Bernd R. 244 000 Euro eingenommen haben.

Wie viel die geschädigten Ämter und Gemeinden davon sehen werden, wird das Landgericht entscheiden müssen. „Sobald wir die schriftliche Urteilsbegründung gegen R. haben, werden wir klagen“, kündigte Thomas Griesbach, Vize-Amtsdirektor in Niemegk gestern an. In seinem Bereich hatte Bernd R. die Altdeponie Mörz „bearbeitet“. Für die Beseitigung der Alt- und Neulasten sieht Griesbach auch den Landkreis in der Pflicht – immerhin hatte der damals die Verträge mit Bernd R. mitunterzeichnet. Das Amt Niemegk könne den Rückbau jedenfalls nicht finanzieren, unterstrich Griesbach.

Tatsächlich hatte das Landratsamt damals Bernd R. den Ämtern und Gemeinden empfohlen – hatte er doch angeboten, die DDR-Müllkippen kostenlos zu renaturieren. Rechnen sollten sich diese Projekte für ihn dadurch, dass er Baufirmen ihren kostenpflichtigen Schutt abnimmt und ihn hier einbaut. Allerdings hatte sich Bernd R. verkalkuliert, wie er vor Gericht erklärt hatte: Die Baustellen seien zu weit weg, das Material zu knapp gewesen. Stattdessen nahm er Haus- und Gewerbemüll entgegen – angeliefert von Firmen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Dass das Angebot von Bernd R. an die Kommunen verlockend war, kann auch Vize-Landrat Christian Stein (CDU) nachvollziehen. Umso böser war das Erwachen, nachdem die ersten Deponien freigelegt wurden. „Bei den ersten Kippen hatte er noch alles einfach schnell hineingeschüttet. Doch bei den späteren konnte man schon ein richtiges System erkennen“, bemerkt Stein kopfschüttelnd. Das Landratsamt hatte den Kommunen bereits vor zwei Jahren geraten, auf zivilrechtlichem Wege Wiedergutmachung von R. zu fordern. Sobald das Urteil gegen ihn rechtskräftig ist, sollen gemeinsame Schritte abgestimmt werden, so Stein.

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