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Alternatives Wohnen. Das Schwalbenhotel am Golfplatz Kemnitz.

© Wolfgang Ewert

Potsdam-Mittelmark: Schwalbenhotel am Kemnitzer Golfplatz

Bei Fassadensanierung bekamen die Vögel eine neue Heimat. Der Nabu empfiehlt das zur Nachahmung

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Werder (Havel) - Die Kinder haben Hunger, die Eltern Stress. Es schwirrt vor dem Märkischen Golfclub in Kemnitz. Vor zwei Jahren wurde vor dem Empfangsgebäude ein „Schwalbenhotel“ gebaut, es wurde sofort angenommen, erinnert sich der Clubgeschäftsführer Martin Westphal. 50 Schwalbenpaare nisten vor dem Hauptgebäude in einem kleinen Bau, der auf einen vier Meter hohen Mast aufgesteckt ist.

Unlängst hatte Westphal Besucher vom Nabu. Der Golfclubchef bekam vom Potsdamer Nabu-Kreischef Wolfgang Ewert die Plakette „Schwalben willkommen“ überreicht, die am Schwalbenmast angebracht wird. Im vorigen Jahr hatte die landesweite Willkommens-Aktion begonnen. Besitzer schwalbenfreundlicher Häuser werden mit der Plakette und einer Urkunde gewürdigt. Die Lobbyarbeit für Schwalben sei wichtig, so Ewert.

Laut Nabu wurden vor 15 Jahren um die 200 000 Brutpaare der Rauchschwalbe in Brandenburg gezählt, heute ein Fünftel. Bei Mehlschwalben sind die Bestände im gleichen Zeitraum um die Hälfte auf rund 50 000 Brutpaare zurückgegangen. Vielerorts würden Schwalben die Häuser verschlossen bleiben, würden sie aus Fassadennischen vertrieben oder am Nestbau gehindert, so Ewert. „Selbst vor dem Abschlagen von Nestern wird nicht Halt gemacht.“

Der Golfclub hatte bei einer Fassadensanierung über eine Lösung für die in den Dachnischen nistenden Schwalben nachgedacht. Auf den Effekt, dass sie die Mückenpopulation auf der Anlage dezimieren, wollte man nicht verzichten, so Westphal. „Es ist erstaunlich, was die wegfuttern.“ Ohnehin stehe man dem Naturschutz aufgeschlossen gegenüber, auf dem Golfplatz nisten mehrere Turmfalkenpaare. Ein Clubmitglied vermittelte damals die Firma Agrofor aus Wettenberg, nach eigenen Angaben die einzige Fachfirma in Europa, die Schwalbenhotels baut. Die Golfclubmitglieder hätten den 8000 Euro teuren Bau unterstützt.

Agrofor-Inhaber Oliver Wegener erzählte gegenüber den PNN, wie er bei der Sanierung eines Feuerwehrdepots in seiner hessischen Heimat einst auf die Idee gekommen ist, die am Dachüberhang nistenden Mehlschwalben umzusiedeln. „Unser kleines Ersatzhäuschen wurde tatsächlich sofort angenommen.“ Daraufhin habe er daraus einen Geschäftszweig seines Umweltlabors gemacht. Mit der Zeit habe er ein Gespür entwickelt, wo Schwalben gern nisten. Nicht jeder Platz sei für ein Schwalbenhotel geeignet. „Das sind Kulturfolger, sie wollen in der Nähe von Menschen und Gebäuden sein.“

130 Schwalbenhotels habe er in den vergangenen zehn Jahren gebaut. Wegener erinnert sich noch, dass das Schwalbenhaus in Kemnitz wenige Stunden nach dem Bau vom ersten Paar bezogen wurde. Ein paar Tage später seien „alle Wohnungen belegt“ gewesen, ergänzt Clubchef Westphal. Zu den künstlichen Nestern sind inzwischen einige natürliche hinzugekommen. Es gibt fröhliches Gesegel, Geflatter und Gefütter, die Vögel fühlen sich hier wohl.

Nabu-Chef Ewert hofft, dass auch andere Unternehmer und Investoren zu der Turm-Lösung greifen. „Wo Niststätten wegen Bauvorhaben wegfallen, ist das ein schöner Weg, den Schwalben ein neues Zuhause zu geben.“ Solche Projekte könnten als Ausgleichmaßnahme abgerechnet werden. Auf fachlichen Ratschlag sollte man aber nicht verzichten, empfiehlt er. Henry Klix

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