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Potsdam-Mittelmark: Schwefel vom Galgenberg
Nachbar sieht Gefahr durch Pilzbehandlung auf neuem Weinberg. Rathaus und Weinbauer widersprechen
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Werder (Havel) - Als der Galgenberg in Werder im 16. Jahrhundert erstmals mit Reben bepflanzt wurde, gab es rundherum keine Bebauung. In den vergangenen Jahren wurde Werders älteste Weinlage wiederbelebt, mit der Bebauung sieht es anders aus: Dicht an dicht stehen die Häuschen und Gärten der Anwohner. Am Ostrand flankieren Kita, Krippe, Hort und Jugendklub den wiederauferstandenen Weinberg. Eckhard Müller gehört zu den Nachbarn. Als im Herbst mit Kalk gedüngt wurde, habe er sich erstmals gefragt, ob das eigentlich alles seine Richtigkeit hat. Seitdem lasse ihn das Thema nicht mehr los.
„Ein Weinberg ist ein Landwirtschaftsbetrieb. Da muss man ja auch mal mit Chemie ran“, sagt der Werderaner, der einen Hausmeisterservice betreibt und nebenbei Kamerunschafe und Bienen züchtet. Er wisse nicht, wie sich die Behandlung der Reben auf seine Tiere auswirke.
Beim Werderaner Wachtelberg gebe es rundherum viel Platz, beim Galgenberg sehe das anders aus. Weht der Wind vom Plessower See im Südwesten, sieht Müller die Gefahr, dass die Nachbarn und auch die Kindereinrichtungen betroffen sein könnten. „In jeder Krippe muss der Buddelkastensand zertifiziert werden, und dann wehen die Pflanzenschutzmittel vom Weinberg rüber.“ Zudem seien beim Bau des Weinbergs noch viele Bäume und Sträucher verschwunden, die die Bebauung geschützt hätten.
Im Rathaus widerspricht man dieser Darstellung. Zum Schutz der Kinder gebe es ein fast 2000 Quadratmeter großes Grundstück zwischen Kita und Weinberg, auf dem Bäume und Sträucher wachsen, sagt Werders 1. Beigeordnete Manuela Saß. Auf dem Gelände hätten auch Ausgleichmaßnahmen stattgefunden. „Dass es einen ausreichenden Grünpuffer gibt, war uns sehr wichtig, als wir den Weinberg wieder aktivierten“, so Saß. Auch der Weg zwischen Lindowschem Haus und Bismarckhöhe sei bewusst so angelegt worden, dass ein Sicherheitsabstand zu den Nachbarn entsteht.
Zudem habe man mit Manfred Lindicke einen ausgewiesenen Pflanzenschutzexperten gewinnen können, der den Weinberg für den Werderaner Weinbauverein hegt und pflegt. „Wir sind da nicht blauäugig rangegangen“, versichert Saß. Diskutiert worden sei vor vier Jahren am Ende aber vor allem, ob das Thema Alkohol neben den Kindereinrichtungen passend ist. Durch die Pufferzone gehe das.
Weinbauer Lindicke verdient sein Geld tatsächlich auch als Obstbauberater, der promovierte Gartenbauingenieur gilt aus ausgewiesener Experte für Pflanzsysteme, Pflanzenschutz und Bewässerung und ist gerade von einem Beratungsauftrag aus Russland zurückgekehrt. Anders als auf dem Wachtelberg seien auf dem Galgenberg ausschließlich pilzresistente Sorten aufgerebt worden. „Sie sind unempfindlicher gegen Pilzerkrankungen und müssen nicht so häufig gespritzt werden“, betont er.
Ganz ohne Pflanzenschutz gehe es zwar nicht. Statt wie am Wachtelberg achtmal müssten die Reben auf dem Galgenberg aber nur zwei- bis dreimal jährlich mit Schwefel behandelt werden, wie man ihn im Baumarkt bekommt. Die Behandlung mit Kupfer wolle er möglichst vermeiden. „Weht der Wind mit über fünf Metern pro Sekunde, darf ich die letzte Reihe ohnehin nicht behandeln“, sagt der Weinbauer. Auch er hält den angelegten Puffer zwischen Kita und Weinberg für ausreichend. Der Abstand zu den ersten Reben betrage immerhin 25 Meter.
Alle gesetzlichen Auflagen würden eingehalten. Zudem bietet Lindicke allen Nachbarn das Gespräch an. „Wer Nachfragen oder Gesprächsbedarf hat, kann sich gern bei mir melden.“ Mit anderen Nachbarn habe es bislang allerdings keine Probleme gegeben. Lindicke erklärt, dass er als Pflanzenschutzberater recht gut weiß, was er zu tun und zu lassen hat. Anders als mancher Kleingärtner würden die Obst- und Weinbauern der Region auf Nachhaltigkeit achten und nicht mehr Pflanzenschutzmittel als unbedingt nötig einsetzen. „Ganz ohne geht es aber in unserer Region nicht.“
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