Potsdam-Mittelmark: Schwieriges Werben für die neue Oberschule
Rektoren fürchten, dass durch das neue Bildungsgesetz die regionalen Real- und Gesamtschulen noch weniger Zulauf haben
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Rektoren fürchten, dass durch das neue Bildungsgesetz die regionalen Real- und Gesamtschulen noch weniger Zulauf haben Teltow - Die jüngsten Werbefeldzüge waren für Jürgen Voigt wenig erfolgreich. Dem Schulleiter der Teltower Gesamtschule fiel es bei Elternabenden an Grundschulen schwer, das künftige Profil seines Hauses zu beschreiben. Ab 1. August 2005 werden Brandenburgs Real- und Gesamt- zu Oberschulen. Wo sich selbst noch Direktoren und Lehrer schwer tun mit neuen Einordnungen, wann und ob an ihrer Schule künftig „kooperativ“ oder „integrativ“ unterrichtet werden soll, könne man von Eltern kein Urteil über den Eignungsgrad der Schulen für ihre Kinder erwarten. „Wir sind überhaupt nicht in der Lage, für uns zu werben“, konstatiert Voigt. Adressat seines Unmuts war Bildungsstaatssekretär Martin Gorholt, der am Dienstagabend im Teltower Bürgerhaus die neue Schulform erklären wollte. Lediglich ein gutes Dutzend Zuhörer vernahm, dass der Rückgang der Schülerzahlen im Märkischen und überholte bildungspolitische Vorgaben zur Reform zwangen. Weil die Gefahr drohte, dass vor allem in den Randregionen Gesamtschulen zu Orten verkümmern, auf denen sich das lern- und erziehungsschwierige Klientel sammelt, einigte sich Brandenburgs Regierungskoalition auf die Oberschule, in der Kinder mit unterschiedlicher sozialer Herkunft und differenzierten Lernfähigkeiten vereint sind. Um die beiden möglichen Abschlüsse – Berufsbildungs- oder Fachoberschulreife – zu erreichen, entscheiden die Schulkonferenzen selbst, ob in ihrem Haus kooperativ oder integrativ unterricht wird. Ersteres bedeutet, dass alle Schüler, die den gleichen Abschluss anstreben, gemeinsam in einer Klasse lernen. Das integrative Modell beschreibt gemischte Klassen, in denen die Fachleistungskurse je nach angetrebten Abschluss ein unterschiedliches Niveau haben. Zu viele Unbekannte bemängelt Schulleiter Voigt am Oberschulmodell. Seine Sorge, dass sich Eltern auf Bewährtes stützen und daher eher die regionalen Gymnasien sowie die Gorki-Gesamtschule mit ihrer gymnasialen Oberstufe wählen, teilt auch seine Kollegin Christel Arnhold. Die Existenzangst werde größer, so die Rektorin der Teltower Realschule. Schon im vergangenen Jahr gab es zu wenige Anmeldungen für die Realschule, so dass ausnahmsweise nur eine 7. Klasse statt der gesetzlich vorgeschriebenen zwei Züge erlaubt wurde. Die Stahnsdorfer Lindenhof-Gesamtschule blieb sogar gänzlich ohne Siebtklässler. Schon jetzt wechselt in der Region jeder zweite Grundschüler aufs Kant- oder Weinberg-Gymnasium oder auf die Gorki-Schule. Voigt erwartet durch die Reform einen noch größeren Run auf die Gymnasien und befürchtet für die Oberschule den Makel der „Restschule“. Nicht überall in Brandenburg vernimmt Staatssekretär Gorholt dieses negative Echo, im ländlichen Raum werde die Oberschule durchaus als vernünftige Alternative zum bislang dreigliedrigen Schulsystem gesehen. Die Teltower Region jedoch, „ist ein hochschwieriger Raum für die neue Schulform“, gab er zu. Die demografische Entwicklung, mit der die Schulreform begründet wird, ist hier nicht zu spüren. Die Übergangsquote aufs Gymnasium ist um 20 Prozent höher als im brandenburgischen Durchschnitt. Doch die Leistungskritieren zum Besuch des Gymnasiums sind klar definiert und sollen zudem im nächsten Jahr um Vorprüfungen und Aufnahmetests verschärft werden. Für den SPD-Landtagsabgeordneten Jens Klocksin werde sich daher für Eltern nichts ändern an der Frage, ob ihr Kind das Gymnasium oder eine andere Schule besucht, die auch in der Region Teltow künftig Oberschule heißt. Bei aller Kritik, so Klocksin, verlangt das neue Schulgesetz, auf seine Anwendbarkeit geprüft zu werden. Peter Könnicke
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