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Im Austausch. Regionalkoordinatorin Larissa Markus, Programmleiter Uwe Koch, Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt und Jugendsekretär Robert Busch (v.l.) tauschen sich über das Programm „Integration durch Sport“ aus.

© Christoph Freytag

Potsdam-Mittelmark: Schwimmen für die Integration

Der Landessportbund hilft Migranten, in Potsdam und der Mittelmark anzukommen

Von Enrico Bellin

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Seddiner See - Fußballtore für Flüchtlinge in Teltow, Lauftraining für Bewohner des Fercher Erstaufnahmelagers, Schwimmkurse für vietnamesische Frauen in Potsdam: Mit dem Programm „Integration durch Sport“ hat der Landessportbund allein im vergangenen Jahr brandenburgweit 110 Vereinen dabei geholfen, Menschen durch Sport einen leichteren Zugang in die Gesellschaft zu ermöglichen. Das sagte Uwe Koch, Leiter des Programms, bei einem Treffen mit Vertretern des Sozial- und Bildungsministeriums am gestrigen Freitag in Neuseddin. „Wir können dazu beitragen, dass Brandenburg ein Zuwanderungsland wird“, gibt sich Koch selbstbewusst.

Es gebe eine „Interkulturelle Inkompetenz“ in einigen Teilen des Landes, denen das Programm Koch zufolge entgegentreten will. So bietet das Programm Vereinen Beratung für die Integration von Flüchtlingen, zudem werden Rahmenbedingungen geschaffen, durch die die Vereine Stellen im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes einrichten können. 17 anerkannte Flüchtlinge arbeiten derzeit als „Bufdis“ in märkischen Sportvereinen, in der Region gibt es so eine Stelle etwa bei Motor Babelsberg. Sie sollen unter anderem helfen, Berührungsängste zwischen Migranten und Vereinen abzubauen.

Initiiert wurde das Programm vor 25 Jahren ursprünglich, um Spätaussiedler besser zu integrieren. Seither sei es stetig gewachsen, jährlich würden Koch zufolge inzwischen mehr als 1000 Migranten von der Arbeit profitieren. Abgestimmt sei das Programm mit dem Integrationskonzept des Landes und mit den Landkreisen, in Potsdam-Mittelmark etwa gebe es eine enge Zusammenarbeit mit der Integrationsbeauftragten. Drei Vereine im Kreis erhalten stetige Förderung: Der Caputher SV, der SV Kloster Lehnin und der SV Blau-Weiß Damsdorf, ein Ortsteil von Kloster Lehnin. „Wir arbeiten nach dem Bedarf der Vereine, nicht nach der Anzahl der Flüchtlinge“, erklärt Uwe Koch die räumliche Nähe.

Finanziert wird das Integrationsprogramm aus verschiedenen Quellen, vom Bund über Landesministerien bis hin zu Eigenmitteln des Landessportbundes, in diesem Jahr beläuft sich der Etat insgesamt auf etwa 700 000 Euro. Allein 200 000 Euro würden an die Kreissportbunde für die kleinteilige Arbeit weitergereicht. Ziel ist dem Programmleiter zufolge, die Flüchtlinge so zu integrieren, dass sie selbst Führungsrollen in den Vereinen übernehmen können.

Ein Beispiel dafür ist Larissa Markus, die vor 15 Jahren aus Kasachstan nach Brandenburg kam und inzwischen als Regionalkoordinatorin Projekte initiiert, die speziell Frauen mit ausländischen Wurzeln helfen sollen, sich besser in Brandenburg zurechtzufinden. 2006 startete eine Initiative, bei der Mütter im Fläming lernen können, wie man Inline-Skates fährt. Dabei sei man schnell auf eine besondere Zielgruppe gestoßen: Frauen aus Vietnam, die teilweise seit mehr als 20 Jahren in Brandenburg leben, aber etwa noch immer nicht richtig Deutsch sprechen können. „Es sind noch immer viele Ängste und Unsicherheiten bei den Frauen vorhanden“, so Markus. Allgemein sei es für Frauen schon schwer, sich in den Sportvereinen durchzusetzen. „Für Migrantinnen ist es dann doppelt schwer, auch noch mit Männern diskutieren zu müssen“, so Larissa Markus. Problematisch dabei sei, dass die Frauen meist arbeiteten und nur sonntags Zeit für die zweistündigen Kurse hätten, es aber schwer sei, an einem Sonntag geeignete Kursleiter zu finden. Deshalb seien inzwischen zwei Migrantinnen selbst zu Übungsleiterinnen ausgebildet worden.

Wegen der vielen Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr in die Region gekommen sind, wurden zusätzlich noch zwei Schwimmkurse speziell für muslimische Frauen angeboten. Sie soll es auch im kommenden Jahr wieder geben. Wo, ist jedoch noch unklar. „Es gibt besonders in Potsdam kaum Kapazitäten in den Hallen, noch suchen wir“, sagt die Regionalkoordinatorin. Bisher finden die meisten Kurse in Wittenberge (Prignitz) statt, die dortige Badewelt ist jedoch aus vielen Teilen Brandenburgs schwer zu erreichen. Auf Markus’ Wunschliste stehen auch Sprachkurse. „Viele Frauen machen bei uns eine gute Arbeit, können sich aber nicht präsentieren, weil sie etwa keine Bewerbung für einen Integrationspreis ausfüllen können.“

Laut Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt aus dem Sozialministerium könnten solche Kurse etwa durch die Landesgleichstellungsbeauftragte finanziert werden. Von dem Programm „Integration durch Sport“, das ihr Ministerium mit 40 000 Euro bezuschusst, zeigte sich Hartwig-Tiedt beeindruckt.

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