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Eine Taxifahrerin in Kleinmachnow wurde vergewaltigt.

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Vergewaltigung in Kleinmachnow: Sicher verwahrt ?

Manuel G. hat in Kleinmachnow eine Taxifahrerin vergewaltigt. Das Gericht entscheidet über seine Zukunft.

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Kleinmachnow/Potsdam - Stumm sitzt Manuel G. an der Anklagebank. Frisch rasiert, die Augen auf den Tisch gerichtet. Sie rattern Zeile für Zeile über ein Papier, auf dem die Lebensgeschichte eines Diebes, eines Schlägers, eines Vergewaltigers niedergeschrieben ist. Sechs Jahren Haft und anschließende Sicherungsverwahrung stehen am Ende des 20-seitigen Urteils. Seit Freitag kann der 36-Jährige hoffen, dass es bei der Haftstrafe bleibt.

Vor dem Potsdamer Landgericht wird erneut über die Zukunft von Manuel G. beraten. Knapp ein Jahr ist es her, dass die Richter den einschlägig vorbestraften Vergewaltiger für seine bislang letzte Tat verurteilten. Am Neujahrsmorgen im Jahr 2012 hatte er eine Taxifahrerin in Kleinmachnow vergewaltigt. G. gestand, bekam sechs Jahre mit anschließender Verwahrung. Bei der Verurteilung hatten ihn die Richter als gefährlich eingestuft. Der Bundesgerichtshof kippte die Entscheidung zur Verwahrung aber. Ein ergänzendes Gutachten soll nun Klarheit bringen.

Fast eine Stunde dauerte es, bis die Richter G.s Lebensweg mit all den mehr als ein Dutzend Strafen vorgetragen hatten. G. selbst verzog keine Miene. Auch nicht als Psychologin Heide-Ulrike Horn später auf zahlreiche Details einging, von seiner Kindheit bis hin zu seiner sexuellen Wahrnehmung und der Erektionsstörung bei der jüngsten Tat.

Aufgewachsen in einer Familie mit sieben Geschwistern und mit wechselnden Vätern sei G. früh auf die schiefe Bahn geraten: zappelig als Schulkind, später schwänzte er die Sonderschule. Lehren brach er ab. Anfang der 90er beginnt seine kriminelle Karriere mit Körperverletzungen und Diebstählen. Sie führt über eine Sprengstoffexplosion und eine fälschliche Mordanklage hin zu vier nachgewiesenen Vergewaltigungen, zwei weitere fragliche Fälle wurden nie aufgerollt.

Anfangs war alles harmlos, berichtet die Psychologin. Mit seinen ersten Opfern, die Mädchen waren 15 und 17 Jahre alt, knutschte G. rum, bis er mehr wollte. „Er war nicht bereit, Grenzen zu akzeptieren.“ 1996 wird er zu einem Jahr Jugendarrest auf Bewährung verurteilt. Es vergehen fast sieben Jahre, bis er in Berlin über eine 23-jährige Studentin herfällt. Erst kam der Flirt, dann zerrte er sie in einen Busch. G. bekommt mehr als drei Jahre.

Nach seiner Entlassung scheint er unter Kontrolle, fast vier Jahre lang, bis er am Neujahrsmorgen 2012 in das Taxi nach Kleinmachnow steigt. Auf dem Weg zu seiner Verlobten nach Stahnsdorf fällt er über die 18 Jahre ältere Fahrerin her. In einem Wald an der A 115 presst er ihr den Arm auf die Kehle, droht ihr mit dem Tod, zieht sich vor dem Geschlechtsverkehr auf Bitten der Frau aber ein Kondom über.

Die Tat, sagt Psychologin Horn, stehe im Gegensatz zu allen anderen. Es war eine Handlung aus dem Affekt an einer unbekannten Frau ohne Flirt. Es ist eine Steigerung. G. habe die Macht gespürt. Die Psychologin schließt nicht aus, dass er es wieder tun könnte. Die Chancen stünden 50:50. Gegen ihn spricht, dass er schon früh zum Täter wurde und sich einer Therapie bislang widersetzte. Horn hält es für unwahrscheinlich, kann aber einen tödlichen Ausgang einer weiteren Tat nicht ausschließen. Doch: G. sei durchaus therapierbar, sagt Horn.

„Das Gericht muss prüfen, ob eine besondere Rückfallgefahr besteht“, sagte Verteidiger Karsten Beckmann. G. sei vor der Tat durch einen Streit mit seiner Freundin aufgewühlt gewesen, habe die Tat aus einer emotionalen Notsituation heraus verübt, wie auch die anderen.

Daran hat Matthias Luttmer seine Zweifel. Der Anwalt der vergewaltigen Taxifahrerin wünscht sich im Sinne seiner Mandantin, dass G. hinter Gitter bleibt. „Für das Opfer wäre es ein Zeichen.“ Ihr Taxiunternehmen habe die Frau aufgeben müssen, Fahrten bei Dunkelheit seien für sie unmöglich geworden. Heute arbeitet sie wieder als Architektin. Mithilfe von Psychologen versuche sie sich auf den Tag vorzubereiten, an dem G. freigelassen werden könnte. Tobias Reichelt

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