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Weiße Flugobjekte. Angus, Jannes und Max (v.l.) sind begeistert.

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Potsdam-Mittelmark: Siebte Stunde Golf

Wildenbrucher Grundschüler lernen auf dem Golfplatz am Seddiner See Abschlagen und Einlochen

Von Eva Schmid

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Michendorf - Es ist ein bisschen wie Weihnachten, als eine Gruppe von Drittklässlern einen Karton, der sie um einen guten Kopf überragt, auf dem Golfplatz am Seddiner See öffnet. In ihm stecken neue, silbern glänzende Kinder-Golfschläger. Erst großes Staunen, dann Freude. Die Schläger werden gleich mal probehalber durch die Luft geschwungen – bis die Golftrainerin dem wilden Haufen Einhalt gebietet. Jetzt hat jeder der golfenden Knirpse sein eigenes Eisen, zumindest als Leihgabe. Seit wenigen Wochen wird nämlich ihre Wildenbrucher Grundschule vom „Deutschen Golf-Verband“ gefördert: Elf Kinder lernen das aus Schottland stammende Spiel – völlig kostenlos.

„Golfen ist richtig geil, weil man die Bälle einfach so weghauen kann“, ruft der neunjährige Aron. Die anderen Jungs nicken eifrig. Das Beste am Golfsport ist für sie, ganz klar, der Abschlag. „Das macht richtig glücklich, wenn man mal 75 bis 100 Meter weit schießt“, erzählt der neunjährige Noa. Einfach draufhauen geht aber nicht, Trainerin Susanne Hock korrigiert sie so lange, bis die Körperhaltung stimmt und die Hände am Schläger richtig sitzen: „Probeschwung und los, Probeschwung und los“, ruft sie und macht den Kindern die dynamische Bewegung in einem der Unterstände auf dem Übungsplatz, der Driving Range, vor.

Die neun Jungs und zwei Mädchen spielen alle kein Golf. Auch ihre Eltern haben nichts mit dem elitären Sport zu tun. Dennoch sind sie und die Schulleiterin Astrid Kühnel begeistert: „Das ist eine tolle Sache, weil Kinder in Bereiche reinschnuppern können, die sie normalerweise nie kennenlernen würden.“ Im Nachmittagsprogramm der Halbtagsschule in der Nähe des Golfclubs werden verschiedenste Sportarten angeboten. Rund 80 Prozent der 230 Schüler würden das breite Sportangebot nutzen, so Kühnel. Der Golfunterricht sei derzeit das ausgefallenste Angebot.

Jeden Mittwoch geht es bei Wind und Wetter für anderthalb Stunden auf den Golfplatz am Seddiner See. „Toll ist auch, dass man hier so viele neue Wörter lernt“, sagt der achtjährige Jannes. Putten, Tees, Green und Fore zählt er als Beispiele auf. Fore? „Das muss man schreien, wenn ein Golfball jemand am Kopf treffen kann.“ Besonders schwierig sei das Einlochen. Dafür stehe man auf dem Green und brauche viel Geduld, erklärt Jannes Freund, der neunjährige Angus.

Mit dem deutschlandweiten Programm „Abschlag Schule“ will der Deutsche Golf Verband seit Jahren den Sport für die breite Masse öffnen. „Wir wollen mit dem Programm Nachwuchs und neue Mitglieder sichern“, erklärt die Jugendkoordinatorin des Seddiner Golfclubs, Anja Etzel. Seit der Einführung der Initiative im Jahr 1999 wurden deutschlandweit rund 100 000 Schüler gefördert. Das Ziel des Verbands geht auf: Golf werde mittlerweile in den Schulsport integriert, teilt der Verband mit.

Die Wildenbrucher Schüler kriegen 20 Trainingsstunden, also knapp ein halbes Jahr freien Unterricht. „Danach können sie in unserer Jugend-Akademie spielen, dafür müssen die Eltern keine Clubmitglieder sein.“ Eine Mitgliedschaft koste dann für die Saison von April bis Oktober zwischen 100 und 190 Euro pro Kind.

Ob alle Kinder dort mitmachen, ist noch nicht sicher: „Fußball ist eigentlich noch besser als Golfen“, gibt Noa zu. Für Aron hingegen ist klar, dass er weitermachen will: „Vielleicht werde ich ja mal Golfprofi – in dreißig Jahren.“ Stolz schlägt er mit seinem Eisen den Ball weit über den grünen Rasen, hält die Hand an die Stirn und schaut, routiniert, dem Ball hinterher. Eva Schmid

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