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Potsdam-Mittelmark: Signale vom Glindower Fuchsberg

Mit der Erinnerung an die einstige „Telegraphenstation No. 5“ soll eine neue Attraktion am Obstpanoramaweg entstehen

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Werder · Glindow. Mit der Erinnerung an die einstige „Telegraphenstation No. 5“ könnte bei Glindow eine neue Attraktion am Obstbaupanoramaweg entstehen. Die Mitglieder des Heimatvereins sammeln bereits Material und planen als ersten Schritt eine Ausstellung im Heimatmuseum. Ihren Standort hatte die 1832 errichtete Station auf dem Glindower Fuchsberg. Vorgeschlagen wird, dort einen nachgebildeten Signalmast und eine Informationstafel aufzustellen.

„Ausgestattet mit dem vollen Reiz eines havelländischen Dorfes, hingestreckt zwischen See und Hügel ...“, so beschrieb Theodor Fontane Aussehen und Lage Glindows. Die freundlichen Bewohner zeigen dem Besucher gern die Erhebungen, wobei sie den Streben- oder Karfunkelberg fast immer genau lokalisieren. Nach dem Fuchsberg befragt, wirken sie meist unschlüssig. Dabei tauchen Namen wie Pappel- und Telegrafenberg auf, und der Unkundige weiß oft nicht, ob es Synonyme oder verschiedene Berge sind.

Bald klärt sich jedoch die Angelegenheit, und der Fremde findet die gesuchte Stelle in unmittelbarer Nähe des Karfunkelbergs. Mit 69 Meter ist sie genau so hoch wie der Nachbar. Über ihre Kuppe geht der 12 Kilometer lange, erdfarben asphaltierte Panoramaweg, der im Petzower Park beginnt und an den Glindower Alpen vorbei zum Otto-Lilienthal-Denkmal in Derwitz führt.

Früher stand oben eine Pappel, die auf älteren Karten als Naturdenkmal verzeichnet ist, aber ihrem Alter Tribut zollen musste. Damals sind Kinder gern auf den hohen Baum geklettert, weshalb manche seinen Standort Pappelberg nennen. In den 80er Jahren pflanzte man rundherum Pfirsichbäume, zu denen sich in jüngerer Zeit Obstbäumchen am Rande des asphaltierten Weges gesellten.

Wo der stolze Baum in den Himmel ragte, befindet sich jetzt eine winzige Wendeschleife, in deren Mitte wilde Rosen wachsen und zwei kleine Kastanienbäume versuchen, der Pappel nachzueifern. Die Anlage stammt aus dem ABM-Projekt „Flurgestaltung Glindower Platte“, bei der das Areal großflächig umgewandelt wurde. Leider ist das Rondell noch keine „landschaftliche Attraktion“ wie sie dem Projektbeauftragten Werner Eichhorst vorschwebte. Genau hier stand im 19. Jahrhundert die Telegraphenstation No. 5.

Die Station wurde 1832 errichtet und war eine von 62 auf der 587 km langen Strecke von Berlin nach Koblenz. Preußen hatte nach dem Wiener Kongress rheinische Gebiete erhalten und brauchte eine stabile Nachrichtenverbindung dorthin. Dazu benutzte man die optisch-mechanische Telegrafie, die seit Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich angewendet wurde.

Der preußische Kriegsfreiwillige Franz August O´Etzel (1784-1850) hatte jene Methode kennen gelernt und die Idee samt Zeichnung einer Station mitgebracht. Durch den Geheimen Postrat Carl Philipp Heinrich Pistor (1779-1847) weiterentwickelt, setzte sie der zum Major im Generalstab avancierte O´Etzel in die Tat um. Die Stationen entstanden im Abstand von etwa 7,5 bis 15 Kilometern meist auf natürlichen Erhebungen. Es waren kleine, einfache Typenbauten mit Turm oder Turmstumpf und einem Signalmast mit drei Flügelpaaren. Die 0,33 Meter breiten und 1,74 Meter langen Zeiger konnten über Drahtseile in verschiedene Stellungen gebracht werden, denen bestimmte Bedeutungen zukamen. Mittels eines fest eingebauten Fernrohrs las der Spähtelegrafist die Flügelstellung der Nachbarstation ab und diktierte sie dem Kurbeltelegrafisten, der die Arme der eigenen Station einrichtete und die Einstellung auf der folgenden überwachte.

Die Telegraphenstation No. 5 vermittelte zwischen den Stationen 4 auf einem der Potsdamer Brauhausberge, der in Telegrafenberg umbenannt wurde, und der No. 6 auf dem Schenkenberg bei Jeserich. Sie wurde wahrscheinlich in Fachwerkbauweise, wegen der Nähe von Ortschaften ohne Wohnanbauten und zunächst eingeschossig errichtet, musste aber 1834 um eine Etage aufgestockt werden. Im Bericht O´Etzels heißt es dazu: „Der nachtheilige Einfluß des Flimmerns der Luft, welches in den flachen Gegenden bei der Mittagshitze die Zeichen undeutlich macht, ist durch Erhöhung der Beobachtungslocale auf Station 5 und 6 zwar nicht ganz aufgehoben, doch sehr gemildert.“

Die Zeigertelegrafie war bis 1849 – auf der Strecke Köln nach Koblenz noch bis 1852 – in Betrieb, danach trat die elektrische Telegrafie ihren Siegeszug an. Die meisten Stationen wurden auf Abbruch verkauft oder als Forst- bzw. Wohnhäuser genutzt. Zu den auf Abbruch verkauften gehörte auch die auf dem Glindower Fuchsberg. Auf der historischen Fläche unterhielt in den 20er Jahren der Wirt des Lokals „Grüner Baum“, August Wagener, einen sommerlichen Schankbetrieb. Wegweiser mit der Aufschrift „Zum Telegraphenberg“ halfen den Gästen bei der Orientierung. Das damals noch vorhandene Fundament der Station wurde in den 30er Jahren von einem Obstzüchter ausgegraben, der die Steine für den Bau einer Hütte auf seiner Plantage verwendete. Auf einer Übersicht der Interessengemeinschaft Königlich-Preußische Optische Telegrafie ist zum gegenwärtigen Zustand des Standortes zu lesen: "freie Fläche, keine Hinweise".

Das will der Heimatverein nun ändern. Sicherlich wird es nicht möglich sein, das Gebäude originalgetreu zu errichten, wie das bei Station Nr. 18 im anhaltinischen Neuwegersleben der Fall war – obwohl der Gedanke fasziniert. Neben einer Dokumentation im Glindower Heimatmuseum sollen der Signalmast auf dem Rondell, eine Informationstafel und Bänke zum Verweilen einladen. Einheitliche Schilder könnten den Weg zur neuen Attraktion weisen. Vorher müssen aber noch Eigentumsverhältnisse geklärt und notwendige Finanzmittel bewilligt werden. Auf die Kombination von Natur und Historie dürfen sich künftige Besucher aber schon jetzt freuen.

Josef Drabek

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