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Kreisreform Brandenburg: Skepsis und Ablehnung

Der Vorschlag zur Fusion von Potsdam-Mittelmark und Brandenburg/Havel trifft auf wenig Gegenliebe. Brandenburgs Oberbürgermeisterin Tiemann etwa hält die Vorschläge für absurd.

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Potsdam-Mittelmark - Die neuesten Vorschläge zur künftigen Struktur der Brandenburger Landkreise treffen in Potsdam-Mittelmark auf verhaltene und skeptische Reaktionen. Strikte Ablehnung hat indes die Oberbürgermeisterin von Brandenburg / Havel, Dietlind Tiemann (CDU), signalisiert. Wie berichtet hat das Innenministerium im Auftrag der Enquetekommission des Landtages drei Varianten erarbeitet, wie das Land künftig aufgeteilt werden soll.

Sie sehen zwölf, acht oder fünf statt der bislang vierzehn Landkreise und vier kreisfreien Städte vor. In allen drei Varianten ist ein Zusammengehen des Landkreises Potsdam-Mittelmark mit der bisher kreisfreien Stadt Brandenburg vorgesehen. In der Variante mit fünf Landkreisen würde Mittelmark zudem mit den Nachbarkreisen Havelland und Teltow-Fläming verschmelzen. Ein solcher Groß-Landkreis würde laut den Prognosen für das Jahr 2030 insgesamt gut 550 000 Einwohner zählen. Potsdam-Mittelmark hat derzeit knapp 205 000 Einwohner.

Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD) sagte am Mittwoch gegenüber den PNN, er wolle sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt inhaltlich noch nicht zu den vorgestellten Varianten äußern. „Fakt ist jedoch, dass man vor einer solchen Reform zuerst über die Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften reden muss“, so Blasig.

Unter anderem gehe es darum, welche Aufgaben von den Landesbehörden auf die unteren Verwaltungen delegiert werden können. „Die vorgestellten Varianten zur Kreisreform habe ich mit Interesse angesehen. Auf solche Ideen kann man kommen“, sagte Blasig. Bisher handele es sich jedoch nur um Sandkastenspiele. „Sie basieren auf einer Studie, über die jetzt erst einmal die Enquetekommission zu beraten hat“, so der Landrat.

Eindeutiger äußerte sich am Mittwoch Brandenburgs Oberbürgermeisterin Tiemann gegenüber den PNN. „Ich halte die Vorschläge für absurd“, sagte sie. „Potsdam-Mittelmark ist ein netter Landkreis und ich habe auch ein gutes Verhältnis zu Landrat Blasig, doch eine Fusion halte ich nicht für sinnvoll.“ Der Vorteil kreisfreier Städte wären Tiemann zufolge kurze Wege für Entscheidungen ebenso wie für die Einwohner zu den Verwaltungen. „Eine Fusion ist nicht das, was die Bürger wollen“, so Tiemann.

Zudem gehe das Innenministerium bei den Prognosen von falschen Zahlen aus, wenn damit gerechnet wird, dass die Stadt im Jahr 2030 nur noch etwa 50 000 Einwohner zählen werde. „Im Szenarium für den Stadtumbau gehen wir davon aus, dass im Jahr 2020 zwischen 65- und 80 000 Menschen in Brandenburg an der Havel leben werden“, so die Oberbürgemeisterin. Verstärkt würden wieder junge Menschen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren in die Stadt ziehen.

Auch das Argument, dass die Stadt Brandenburg mit derzeit 150 Millionen Euro Schulden ihre finanziellen Probleme nicht allein lösen könne, will sie nicht gelten lassen. Die Last würde man bei einer Fusion nur auf mehrere Schultern verteilen, so Tiemann. Fakt sei, dass eine große Stadt wie Brandenburg besondere Ausgaben zum Beispiel in den Bereichen Kunst und Kultur oder für Einrichtungen für Arbeitslose zu schultern habe.

Der Fraktionschef der Linken im mittelmärkischen Kreistag, Thomas Singer, sieht bei der geplanten Fusion vor allem ein Demokratieproblem. „Für die ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten wird es kaum noch möglich sein, im Blick zu behalten, was in den Kommunen des Großkreises passiert“, sagte er. Sie könnten ihrer Kontrollfunktion dann nur noch unzureichend gerecht werden. Auch für die Einwohner werde es schwerer, mit den Verwaltungen in Kontakt zu treten. „Besser wäre es gewesen, zuerst im Zuge einer Funktionalreform zu klären, wie die Verwaltungsaufgaben künftig bewältigt werden sollen, und dann erst die Karten zu präsentieren“, erklärte Singer.

Auch Hans-Peter Goetz, FDP-Abgeordneter im Landtag und im mittelmärkischen Kreistag, meint, das Innenministerium habe mit der Präsentation möglicher neuer Kreiszuschnitte den letzten Schritt vor dem ersten getan. „Das ist Kolonialpolitik“, so Goetz. Sicher sei, dass neue und effektivere Formen der Zusammenarbeit zwischen den Kommunen gefunden werden müssen. „Das muss jedoch von unten wachsen.“

Als Beispiel nannte er die jüngst besiegelte Kooperation zwischen Potsdam-Mittelmark und der Landeshauptstadt Potsdam auf dem Gebiet der Kfz-Zulassung. „Es gibt vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit etwa auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Verträge oder im Rahmen von Zweckverbänden“, so Goetz. Auch gelte es, geeignete Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Städten zu schaffen. „Ganz zum Schluss kann man sich dann im Ergebnis eines langen Pozesses über neue Verwaltungszuschnitte unterhalten, wobei man sich nicht an den jetzigen Kreisgrenzen orientieren muss“, so Goetz. Der Altkreis Teltow sei zum Beispiel früher einer der reichsten und wohlhabendsten Kreise gewesen.

Die Enquetekommission soll bis zum nächsten Jahr ein Konzept für die Kreisreform vorlegen. 2014 stehen auch Kreistagswahlen an. Wirksam werden könnten die neuen Kreiszuschnitte wahrscheinlich frühestens zu den nächsten Kommunalwahlen im Jahr 2019.

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