KulTOUR: So lange der Mensch lebt
Besuche in Fresdorf, Wildenbruch und Langerwisch zum Tag der Offenen Ateliers
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Michendorf - Regen ist nicht die optimale Variante zu den „Tagen des offenen Ateliers“, doch wer die Kunst wirklich liebt, der scheut auch eine kalte Dusche nicht, von oben. So war es am Sonnabend selbst auf den „Nebenpfaden“ der Offenen Ateliers j.w.d. in PM, trotz Feuchte und Kühle war überall ziemlicher Publikums-Betrieb. Am Vierseithof gleich am Anger in Fresdorf beispielsweise, wo die Berliner Bildhauerin Birgit Knappe ihr Atelier angemietet hat.
Draußen weiden zahme Pferde, dahinter die Kranich-Wiese im aufsteigenden Dunst, Ziegen und Schafe soll es hier geben, auch Entenküken werden demnächst erwartet, die Alte brütet schon. Ein kleines Paganicum – des Großstädters Idyll! In diesem Atelier kann man nicht nur der etwas aufgepeppten Kulturgeschichte von Berliner Pflastersteinen nachhängen, auch ihrem Proporz zu dem lettisch-amerikanischen Künstler Mark Rothko, von dem nicht jeder etwas weiß. Eine ganze Mappe von Bleistift-Studien gab es da zu sehen, aber auch kleine abstrakte Skulpturen, bei denen man immer den Eindruck hatte, als wollten ihre Teile, und könnten doch nicht zusammenkommen, wie kleine Königskinder. Man lernt eben immer dazu.
„Keramik - Natur - Filz“ war die Offerte der Wildenbrucherin Susanne Schröder im gepflegten Eigenheim-Ambiente. Eine kleine Verkaufs-Präsentation in der ausgeräumten Garage, ein Arbeitsraum, wo Filzprodukte mancherlei Gestalt zu sehen sind, auch im hinteren Teil des Anwesens alles, was man zu Verschönern und Gebrauch für Haus, Hof und Garten so benötigt, manches Extra war dabei. Filzberatung inklusive, klar.
Was ihr Gatte seit geraumer Zeit gleich nebenan produziert, ist auch nicht zu übersehen. Ein riesiger Sumpf-Zypressenwurzelstumpf auf einer selbst konstruierten Holzfräse, etliche Zentner schwer, wartet auf seine Verarbeitung, indes draußen eine nicht minder gewaltige Pappelwurzel trocknet. Die nimmt ein Holzverarbeiter nicht gern, erzählt er, da sind so viele Steine eingewachsen. Und das Zypresschen auf dem Drehstock? Daraus fertigt er Kugeln, einfach Kugeln, weil die Kugel ihm gefällt. Und nun sieht man auch, dass gleich am Eingang seiner Werkstatt weitere Holzarbeiten zu sehen sind, Quader, rot gemaserte Tableaus, doch die Kugel bleibt sein Favorit.
Die Keramikerin und Schmuckgestalterin Sabine Breithor aus Michendorf hat ihr neues Domizil in Langerwisch gefunden. Gleich gegenüber dem Kirchlein in einem höchst historischen Vierseithof, den sich drei Parteien teilen.
Draußen historische Fotos der gut zweihundertfünfzigjährigen Anlage, drinnen auf Regalen, in Vitrinen dies und das, Nippes und Nappes, Keramikschmuck und Schmuck-Keramik, figurale Gestaltungen mal als Torso, mal voller Anspielungen: Zwei Seefahrer schaukeln da über die Welle, eine schemenhafte Vierergruppe des Titels „So lange der Mensch lebt“ behauptet Gemeinsamkeit, aber auch ein „Gehörnter“ ist da, der eher wie ein Geschraubter aussieht.
Gedankendurchdrungene Vielfalt also im Langerwischer „Kunstwinkel“ mit Pfiff und Stil, wozu auch Briefkarten, Fotografien als Wandschmuck, Anhänger und Ketten gehören.
Nicht weit von hier fließt der Ort ja wie in die Felder hinein, ganz phantastisch! Egal also, wohin man kommt, die „Offenen Ateliers“ mit ihrer Gastlichkeit sind überall einen Besuch wert. Nur eben wieder mal nicht (außer in Körzin) in Beelitz. Vielleicht gibt es dort einfach keine, wer weiß...
Gerold Paul
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