Potsdam-Mittelmark: Solaranlagen gegen Autolärm
Pilotprojekt: Investorensuche für Fotovoltaikwände an der A 10 bei Michendorf gestartet. Der Baubeginn ist für 2016 geplant
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Michendorf - Es soll ein Pilotprojekt werden, das bundesweit Schule macht. Geplant ist, im Zuge des vorgesehenen Ausbaus der A10 bei Michendorf mithilfe von Fotovoltaikwänden mehr Lärmschutz für die Anwohner zu gewährleisten. Bund und Land suchen jetzt gemeinsam mit einer Bürgerinitiative einen privaten Investor und Betreiber, der das Projekt übernimmt.
Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) und der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba (CDU), gaben am Mittwoch das Startsignal für die Ausschreibung. Erstmals legten sie auf einer Pressekonferenz in Potsdam auch einen konkreten Zeitplan vor. Bis Ende dieses Jahres können die Angebote abgegeben werden, nach den notwendigen Verhandlungen soll 2015 der Zuschlag erfolgen und 2016 mit dem Bau der Lärmschutzwände begonnen werden. Parallel dazu werde dann auch der Autobahnausbau gestartet, kündigte Bomba an.
Wie berichtet soll der rund neun Kilometer lange A-10-Abschnitt zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam für 129 Millionen Euro von sechs auf acht Streifen erweitert werden. Schon seit Januar besteht Baurecht dafür. Planer ist das Land, Finanzier der Bund. „Mit dem Einbau von offenporigem Asphalt – dem sogenannten Flüsterasphalt – und den Fotovoltaikwänden soll dabei die ganze Bandbreite des aktiven Lärmschutzes eingesetzt werden“, so Bomba.
Ursprünglich hatte das Land gehofft, schon im März 2014 mit dem Autobahnausbau beginnen zu können, doch seitens des Bundesverkehrsministeriums waren unter anderem noch Fragen zu „Wechselwirkungen beim Bauablauf“ vor allem im Zusammenhang mit dem Lärmschutz zu klären (PNN berichteten). Auch die Finanzierung des Autobahnausbaus durch den Bund scheint jetzt endgültig geklärt. „Wir würden ein solches Projekt nicht anstoßen, wenn wir es nicht bezahlen können“, sagte Bomba am Mittwoch.
Ebenso wie Vogelsänger zeigte sich Bomba zuversichtlich, dass sich für das Projekt der Fotovoltaikwände geeignete Interessenten aus der privaten Wirtschaft finden werden. Konkret ist vorgesehen, die Lärmschutzwände auf einer Länge von insgesamt 5,6 Kilometern mit Solarmodulen um etwa vier auf zehn Meter aufzustocken. Zusätzlich ist ein 1,5 Kilometer langer Lärmschutzwall mit einer Fotovoltaikanlage vorgesehen. Die anfallenden Mehrkosten soll der Investor über den Verkauf von Strom abdecken können. Die notwendige Investitionssumme für die Wände schätzte Bomba auf einen zweistelligen Millionenbetrag, genauere Angaben seien derzeit nicht möglich.
Der südliche Berliner Ring ist mit rund 89 000 Fahrzeugen täglich schon heute die höchstbelastete Autobahn Brandenburgs. Für die Zukunft erwarten die Planer auf dem Abschnitt bei Michendorf 126 000 Fahrzeuge pro Tag. Gerade vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die Anwohner mithilfe der Fotovoltaikwände so weit wie möglich von Lärm zu entlasten, so Bomba.
Ausdrücklich bedankten sich Vogelsänger und Bomba bei der vor vier Jahren gegründeten Michendorfer Bürgerinitiative „Lärmschutz jetzt“, die sich für das nun vorliegende Lärmschutzprojekt starkgemacht hat. Auch ihr sei zu verdanken, dass es nicht eine Klage gegen den vorgesehenen Autobahnausbau zwischen den Dreiecken Potsdam und Nuthetal gebe. „Die Einwohner von Michendorf haben den Ausbauplänen von Land und Bund damit aber auch einen großen Vertrauensvorschuss gegeben“, sagte Initiativensprecher Andree Halpap auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Erst in ein bis zwei Jahren werde man wissen, ob sich tatsächlich ein Investor für die Fotovoltaikwände findet.
Von Anfang an sei es Ziel der Initiative gewesen, nicht gegen den Autobahnausbau zu agieren, sondern die Planung zu begleiten und den Lärmschutz zu optimieren. Halpap erinnerte daran, dass es gelungen sei, dafür parteiübergreifend Unterstützung zu bekommen.
Im Frühjahr 2010 fand auf Initiative der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche (CDU), erstmals ein Runder Tisch zum Thema Lärmschutz an der A 10 mit allen Beteiligten statt. Im darauffolgenden Herbst fasste der Landtag einstimmig einen Beschluss für zusätzlichen Lärmschutz.
Auf der Pressekonferenz warb Halpap auch dafür, über vereinfachte Formen der Bürgerbeteiligung bei Bauvorhaben nachzudenken. „Unsere Bürgerinitiative musste sich mit 15 Aktenordnern Planungsunterlagen beschäftigen. Dafür war viel Expertenwissen nötig“, so Halpap. Auch die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) sprach sich am Mittwoch dafür aus, den Sachverstand der Bürger stärker als bisher und während der gesamten Planungsphase zu nutzen. Das Beispiel Michendorf zeige, dass aus der Bürgerbeteiligung heraus sogar innovative Projekte entstehen könnten, die deutschlandweit ausstrahlen.
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