Von Tobias Reichelt: Sonne, Wind und Heimatgefühle
Windpark-Investor wirbt weiter um Teltow und Stahnsdorf – die wollen Rieselfelder nicht hergeben
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Teltow / Stahnsdorf - Windkraftinvestoren sind in Teltow und Stahnsdorf nicht willkommen. Während in Brandenburg die Flächen für den Bau neuer Windräder knapp werden – am Mittwoch gab das Landesumweltministerium bekannt, dass Windräder künftig auch in Wäldern und Schutzgebieten gebaut werden dürfen – flaut der Protest in den zwei Kommunen gegen die hier geplanten 29 Windräder nicht ab. Geht es nach den Investoren, sollen sie sich auf den Rieselfeldern drehen, den riesigen Konversionsflächen im Süden der Orte, auf denen kaum eine andere Nachnutzung möglich sei.
Wo einst Berliner Abwässer versickerten, schlummern heute Schadstoffe wie Arsen, Cadmium, Nickel oder Kupfer im Boden, erklärte Dirk Jesaitis am Mittwochabend im Teltower Rathaussaal. Hierher hatte der Chef der Plan-8-GmbH mit den Berliner Stadtgüter GmbH eingeladen, der ein Großteil der Felder gehört.
Nach geltendem Recht ist es derzeit nicht möglich, in Teltow oder Stahnsdorf Windkraftanlagen zu bauen – das war es aber, bis die Rieselfelder aus den Teilplan Wind des Regionalplans Havelland-Fläming gestrichen wurden. Dagegen klagen Stadtgüter und Investor. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wird sich am 14. September mit der Klage beschäftigen. Setzen sich die Investoren durch, dürfen sie bauen. Versuche, vorab einen Kompromiss mit den Windparkgegnern zu erreichen, wurden ausgeschlagen. „Es redet keiner mit uns“, sagte Jesaitis. Man wolle die Tür aber offenhalten.
So auch am Mittwochabend: Der erneuten Einladung zur öffentlichen Diskussion folgten 20 Gäste. Wirtschaftsförderer, Bürgermeister, Landtagsabgeordnete glänzten durch Abwesenheit. Dabei will Jesaitis rund 98 Millionen Euro für die Windräder investieren, weitere 40 Millionen für einen Solarpark, der im Süden Schenkenhorsts entstehen könnte – Strom für rund 43 000 Haushalte sollen die Anlagen liefern. Stimmten die Kommunen dem Solarprojekt zu, könnte die Zahl der Windräder auf 20 reduziert, die Abstände zur Wohnbebauung von 800 Meter auf bis zu 1,2 Kilometer erhöht werden. Gleichzeitig wolle man die Felder entwickeln, Bäume pflanzen und Wege bauen. Denkbar sei, auf einem der Windräder eine Aussichtsplattform einzurichten – die Räder seien an der Nabe 105 Meter hoch. In 20 Jahren würden die Anlagen 7,2 Millionen Euro an Gewerbesteuern in die Gemeindekassen spülen.
Geld ist nicht alles, befand Kleinmachnows Bauausschusschef Jens Klocksin (SPD): „Wir können keinen Preis für unsere Heimat festsetzen.“ Die Rieselfelder seien „eine seit Jahrhunderten gewachsene Kulturlandschaft“ zum Spazieren, Joggen, Radfahren oder Reiten. Auch Stahnsdorfs Bauausschusschef Claus-Peter Martensen (CDU) war skeptisch. „Wir wollen keine gigantischen Industrieanlagen mitten im Ort.“ Kompromissbereitschaft könne er bei den Investoren nicht erkennen: „Wenn sie weniger Windräder bauen, werden sie höher.“
Der Teltower Linken-Fraktionschef Steffen Heller warb hingegen für weitere Gespräche. Er empfahl ein Genossenschaftsmodell, um Anhänger zu finden. „Wir müssen es positiv sehen, dass hier Windräder gebaut werden und kein Atomkraftwerk.“ Auch Bernd Wenzel, Konstrukteur des Teltower Klimaschutzkonzeptes, warb für eine Einigung. Teltow habe sich verpflichtet, mehr als 20 Prozent des Kohlendioxidausstoßes zu reduzieren – mit Windkraft sei das möglich.
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