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Mehr Spargel, mehr Druck. Die kleinen Spargelbauern müssen durch Innovationen den großen Konkurrenten trotzen.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Spargel bald im Überfluss

Nördlich von Berlin soll die Spargelanbaufläche um 600 Hektar wachsen. Nicht alle Beelitzer Spargelbauern reagieren darauf gelassen

Von Eva Schmid

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Beelitz - Die Beelitzer Spargelbauern bekommen Konkurrenz: Nördlich von Berlin, im Landkreis Oberhavel, will ein bayrischer Spargelgroßbetrieb auf insgesamt 600 Hektar ab 2016 die weißen Stangen anbauen. Die Fläche entspricht 40 Prozent des Beelitzer Spargelanbaugebiets, das 1500 Hektar umfasst und Brandenburg auf Platz drei der Anbauregionen in Deutschland bringt. In Beelitz sorgte die Nachricht bei der offiziellen Saisoneröffnung am gestrigen Dienstag für wenig Aufregung.

„Der Großraum Berlin ist ein interessanter Markt, da steckt viel Dynamik drin“, sagte Landwirt Josef Jakobs. Die Beelitzer Spargelhöfe würden besonders den südlichen und westlichen Bereich abdecken. „Jemand aus Hennigsdorf kommt nicht unbedingt zu uns nach Beelitz auf die Höfe“, so Jakobs. Dennoch befürchtet er, dass mit dem neuen Großkonkurrenten die bisherigen Preise stark gedrückt werden könnten. „Der Kostendruck wird für uns alle steigen und kleinere Spargelbauern könnten besonders darunter leiden.“

Derzeit wird in Beelitz auf 15 Höfen Spargel angebaut. Neben den großen Anbietern wie den Jakobs-Höfen und Buschmann & Winkelmann gibt es auch etliche kleinere Betriebe. Der Spargelhof Simianer, auf dem in diesem Jahr der Anstich gefeiert wurde, gehört mit seinen 95 Hektar auch noch zu den größeren. Die meisten der Spargelbauern bewirtschaften hingegen nur 30 bis 40 Hektar, heißt es vom Beelitzer Spargelverein.

„Wenn nur noch drei bis vier große Player den Markt bestimmen, dann gehen die Kleinen unter“, warnt der Geschäftsführer des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg, Andreas Jende. Mit dem Übermaß an Angebot aus Oberhavel könne es zu einer regelrechten Spargelschwemme kommen. „Der Markt in Brandenburg ist bereits heute mit einem Selbstversorgungsgrad von 120 Prozent mehr als gesättigt“, warnt Jende. Das bestätigt auch das Landwirtschaftsministerium. Die kleinen Landwirte müssten sich dringend ihre Nischen suchen, so Jende. „Man kann zum Beispiel auf Erlebnisgastronomie setzen.“

Entwarnung kommt hingegen von Manfred Schmidt, dem Vorsitzenden des Beelitzer Spargelvereins. In Beelitz müsste sich kein Spargelbauer vor der Konkurrenz Sorgen machen. „Die Großmärkte stehen zwar bis unter das Dach voller Spargel, aber die Verbraucher wollen den aus Beelitz.“ Der sei mittlerweile eine Marke geworden und ohne ein gewisses Image lasse sich Spargel nicht so erfolgreich verkaufen.

„Neben der Qualität muss das Gefühl stimmen“, so Schmidt. Mit Gefühl meint er, dass jeder Spargelhof seine eigene Geschichte habe, dass es eine Tradition beim Spargelanbau gebe „und nicht zuletzt, dass man auch eine Spargelkönigin vorweisen kann“. Über Jahrzehnte habe man in Beelitz daran gearbeitet, Regionalität zu entwickeln. Heute fruchtet die Arbeit. Auch an Berliner Nobelhotels werden die weißen Stangen verkauft. Bundeskanzlerin Angela Merkel bestelle für ihren Privatverzehr regelmäßig bei Buschmann&Winkelmann ihre Stangen.

Dass das Marketing gut funktioniert, war auch beim Spargelanstich am Montag zu sehen. Da stand nicht nur Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) auf dem Feld, auch Sozialminister Günter Baaske (SPD), die Landtagsabgeordneten Susanne Melior (SPD) und Ludwig Burkardt (CDU) schauten vorbei. Gewitzelt wurde beim Fototermin über den Job der neuen Spargelkönigin. Sie ist Zeitsoldatin bei der Bundeswehr. Die 24-jährige Stephanie Bade sollte an die Spargelfront und der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth fragte, ob sie statt Kutsche mit einem Bundeswehrfahrzeug auf den Acker fahren soll.

Nach der Saisoneröffnung ging es für die Landwirte sofort wieder an die Arbeit. Denn zurzeit jedenfalls ist jede Stange heiß begehrt. „Die Nachfrage ist doppelt so hoch wie das Angebot“, sagte Antje Winkelmann. Zu Ostern würden viele Kunden gerne Spargel auftischen. Doch die Kälte der letzten Tage hat das Wachstum ausgebremst, die Erntekurve sei nicht weitergestiegen, so Winkelmann. „Und die Sonne, die jetzt kommen soll, hilft uns für mehr Angebot zu Ostern nicht weiter.“ Wer über die Feiertage auf das Edelgemüse nicht verzichten will, sollte rechtzeitig einkaufen gehen.

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