Potsdam-Mittelmark: Spezieller Verbraucherschutz ab 70 gefordert
Teltower Senioren im Gespräch mit Politikern / Awo-Haus als wichtiger Standortfaktor
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Teltow – Ein sprechender Wecker, der auf Tastendruck die aktuelle Uhrzeit verkündet, ist eines von vielen praktischen Hilfsangeboten, über die sich ältere Bürger im Teltower AWO-Haus in der Potsdamer Straße 62 informieren können. Die einfache Handhabung der „kleinen Alltagshelfer“ beeindruckte gestern auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein, die der Einrichtung einen Besuch abstattete, um sich zum Thema Vorsorge in der zweiten Lebenshälfte zu informieren. Nach einem Rundgang, an dem auch Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) teilnahm, kam sie mit Teltower Senioren ins Gespräch.
Zwar würden viele technische Hilfen für Ältere ein Stück Selbständigkeit im Alltag bedeuten, erfuhr die Politikerin. Aber es gebe auch Einschnitte, für die der Gesetzgeber Lösungen finden müsse, verwies Kurt Fechner auf das neue Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung. Das sei nur halbherzig gemacht, meinte er, weil die Leute nach wie vor über den Tisch gezogen werden könnten. Da Senioren leichter Opfer von „untergeschobenen Verträgen“ würden, forderte Fechner einen speziellen Verbraucherschutz für Senioren ab 70 Jahren. Wicklein riet, die Werbeanrufer der Potsdamer Verbraucherschutzzentrale zu melden. Doch auch mancher Fragebogen von recht zweifelhaften „Behörden“ flattert Senioren ins Haus. „Beinahe hätte ich das Papier ausgefüllt zurückgeschickt, weil es so amtlich aussah“, schilderte Annemarie Petratschek, wie sie gerade noch rechtzeitig Zweifel bekam und im Teltower AWO-Haus um Hilfe bat. Dort befand man das Schreiben für unseriös und riet ihr, das Papier zu ignorieren. „Es ist besser bei Zweifeln noch eine zweite Meinung einzuholen“, sagte Wolf Stein vom AWO-Ortsverein. Dort weiß man um die Ängste von Senioren, weshalb zweimal jährlich zu Beratungen mit der Landeskriminalpolizei eingeladen wird. Im vergangenen Monat klärte die Polizei über Trickbetrügereien auf und erläuterte, woran Falschgeld erkannt werden kann. Angst vor Altersarmut sei eine weitere Sorge von Älteren, vor allem bei alleinstehenden Senioren ohne familiäre Kontakte, erklärte der AWO-Ortsvorsitzende Lothar Kremer. Unterstützung bietet die AWO auch Menschen, die in Wohnungsnot geraten, ebenso gibt es Fahr- und Begleitdienste für Ältere, die nicht mehr mobil sind, um ihnen Begegnungen und Kontakte zu ermöglichen. Das jüngste Projekt heißt „Junge Alte helfen alten Alten“.
Neben Hilfsangeboten und dem Thema Sicherheit ist für Senioren aber vor allem Kommunikation wichtig. Dazu tragen vom AWO-Ortsverein angebotene Reisen, Vorträge und Kurse bei, wie das monatliche Gedächtnistraining und „Yoga auf dem Stuhl“. Gut besucht sind auch die Buchlesungen, Spielnachmittage und das im Mai eröffnete Kulturcafé. Da rund 6000 Teltower über 60 Jahre alt sind, sei das AWO-Haus ein wichtiger Standortfaktor in der Stadt, meinte Bürgermeister Thomas Schmidt. Jährlich unterstütze die Stadt die Einrichtung mit 15 000 Euro. Allerdings musste sich der Bürgermeister auch Kritisches anhören. So klagte ein Senior, dass es mit dem Seniorenklub in der Altstadt bergab ginge, seit dem Weggang der einstigen Leiterin Adelheid Schiele. Mehrere Aussprachen mit der Klubleitung seien erfolglos geblieben, da man offensichtlich aneinander vorbeirede. Schmidt versprach: „Es wird sich etwas ändern.“ Das betreffe nicht nur die Personalsituation, sondern auch den Ort. Noch in diesem Jahr würden die baulichen Voraussetzungen für ein neues Quartier geschaffen, sagte Schmidt. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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