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Potsdam-Mittelmark: Spiel mit Farbe, Form und Material

Arno Schmetjen aus Werder lädt am Sonntag in sein Atelier ein

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Arno Schmetjen aus Werder lädt am Sonntag in sein Atelier ein Von Elisabeth Richter Werder. Wer es nicht weiß, der vermutet an diesem Ort kein Atelier, hier auf dem Gewerbegelände am Werderaner Bahnhof. Der „Königs-Hof“ ist ein Karree mit verschiedenen Betrieben und, umgeben von einer schon fast surreal anmutenden Ansammlung stählerner Bohrspitzen, liegt ein Flachbau mit einer rotschwarzen Bemalung oberhalb der Fensterreihe. Wer es bis hierhin geschafft hat, kann sich nicht mehr verlaufen: Hier lebt und arbeitet Arno Schmetjen in Gemeinschaft mit der Künstlerin Christina Eims, mit Katze und zwei Hunden - dem Schäferhund Leo und Mila, einem Terrier-Winzling. Am 1. Advent werden sie zum Tag des Offenen Ateliers, wie viele andere Künstler der Region, ihre Räume für Besucher öffnen. Zur Zeit sind Arbeiten von Arno Schmetjen im Galerie-Café auf der Werderaner Insel ausgestellt, unter anderem eine Serie von Siebdruckgrafiken mit einem charakteristischen tiefen Schwarz und klaren Rot. Diese Drucke sind auch im Atelier zu sehen, und man glaubt, beim Betrachten den Schaffensprozess nachvollziehen zu können: Das Schwarz ist mit schnellem Schwung gemalt, gekleckst, es ist spontan; die rote Form dagegen ist klar umrissen, geometrisch, kalkuliert, sie ist Gegengewicht und gibt der Komposition Struktur. Das Rot bremst das Tempo, obwohl es doch eine heftige Farbe ist Man kann lange auf diese Bilder schauen und ihrer Wirkung nachspüren, ohne dass sich ein innerer Zwang zur Interpretation aufdrängen würde. Arno Schmetjen hat als Künstler Erfolg. Zahlreiche Ankäufe, Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland zeugen davon, zur Zeit stellt er mit Jan Voss und Herta Müller im Zentralverband des deutschen Handwerks in Berlin aus (Mohrenstraße 21, bis Sept. 2004). Er hat mehrere Stipendien bekommen und wurde mit Preisen geehrt. Er ist kein Künstler, der sich auf eine einzige Richtung festlegen würde. Allein schon der Gedanke „festlegen“ würde dem Antrieb seiner Arbeit widersprechen: da soll nichts Starres sein, es muss im Gegenteil etwas ins Fließen kommen. Und so spielt er – bei aller Ernsthaftigkeit – mit Farbe, mit Form und Material. Alte Stadtpläne von Berlin und Paris hat er zerschnitten und mit Farbe und anderem Material zu Collagen verarbeitet, die sich wie ein ironischer Kommentar zum tatsächlichen Aussehen dieser Städte lesen. Einen Tisch hat mit vielen übereinander gelegten Acryl-Lasurschichten bemalt und mit einer Reihe weiß gezeichneter Kaffeetassen verziert; er sieht aus wie ein witziges Kaffeehausmöbel, genauso gut könnte er ein vernachlässigtes Tischchen mit abgenutzten Wachstuchflecken sein, wäre da nicht die irritierende Reihe der weißen Kaffeetassen. Irritation, Brechung allzu großer Harmonie, Experiment: Arno Schmetjen will nicht, dass die Bilder „zu schön“ werden. Er setzt seinem Malgrund mit Kleckern und Kratzen zu, bis die Fläche „belebt“ ist und er anfangen kann, auf diesem Untergrund planvoll Formen zu setzen. Gelegentlich verlässt er die Fläche und setzt räumliche Elemente ein, die manchmal auch verschiebbar sind und auf diese Weise immer neue Aspekte enthüllen. Manchmal wartet ein Bild lange darauf, fertig zu werden. Lasurschicht kommt auf Lasurschicht, zart und schimmernd, und dann macht erst die eine entscheidende Bewegung, eine zarte Linie, die farbige Fläche zum fertigen Bild. Das Atelier teilt Arno Schmetjen mit Christina Eims, die immer wieder, mit Unterbrechungen, in diesen Räumen gelebt und gearbeitet hat. Auch ihre Bilder werden am Wochenende zu sehen sein. Sie verarbeitet Brikettasche, die, vermischt mit transparentem Binder und Acrylfarbe, eine schöne organische Struktur entwickelt. Die Bilder haben nur selten einen Titel. Manchmal hat Christina Eims eine Vorstellung von dem, was sie malen will, aber „in der Regel entwickeln sich die Bilder an meiner Vorstellung vorbei“, sagt sie. „Indem man vergisst, was man tut, entstehen Bilder.“ Wie Arno Schmetjen legt auch sie mehrere Schichten übereinander, um zu sehen, was sich entwickelt. „Erst dann“, sagt sie, „setzt das Kalkül ein“. Mit Arno Schmetjen hat sie einige Bilder zusammen gemalt. Aber seit ein paar Jahren hat sie sich auf ein anderes Talent konzentriert, sie schreibt Kurzgeschichten, aus denen sie am Tag des Offenen Ateliers auch vorlesen wird. Allerdings hat sie das Gestalten mit den Händen nicht völlig aufgegeben: Kleine Objekte aus Fundstücken an den Wänden der Wohnküche verraten, dass sie immer wieder dem Eigenleben der Dinge auf die Spur kommen muss, indem sie ihnen einen neuen Zusammenhang gibt: Knopf und Draht auf einer Holzplatte oder ein Fellstückchen auf glänzendem Metall. Die Zusammenstellung macht die Bedeutung.

Elisabeth Richter

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