Potsdam-Mittelmark: Staatanwälte sprechen von Millionenschaden Geltower Unternehmerpaar soll Sozialbeiträge vorenthalten und Steuern hinterzogen haben
Schwielowsee - Zwei Staatsanwälte teilten sich das Verlesen der Anklageschrift, die von Zahlen nur so wimmelte. Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts ist es am Donnerstag um den Verdacht des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt gegangen, Steuerverkürzung und Beihilfe zum Betrug.
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Schwielowsee - Zwei Staatsanwälte teilten sich das Verlesen der Anklageschrift, die von Zahlen nur so wimmelte. Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts ist es am Donnerstag um den Verdacht des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt gegangen, Steuerverkürzung und Beihilfe zum Betrug. Geschätzter Gesamtschaden: 1,2 Millionen Euro.
Norbert F. (71) und seine Ehefrau Sabine F. (60) hatten einst in Geltow ein Transportunternehmen mit zahlreichen Angestellen betrieben. Zwischen Januar 1999 und Oktober 2003 sollen sie in 1082 Fällen keine Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberanteile an die Sozialversicherung abgeführt, über 200 Mal Steuern hinterzogen und Betrügereien Vorschub geleistet haben. Drahtzieher, so die Anklage, sei Norbert F. gewesen. Allerdings soll seine Ehefrau in die Machenschaften eingeweiht gewesen sein, teils auch gemeinschaftlich mit ihrem Mann gehandelt haben. Von einem Schwarzlohnsystem, von dem alle Arbeitnehmer – außer den Azubis – erfasst wurden, sprach die Anklage, aber auch von illegal Beschäftigten oder Kollegen, die dem Finanzamt als Geringverdiener gemeldet wurden, obwohl es sich um Vollzeitkräfte handelte.
Neun Verhandlungstage hat die Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Andereas Dielitz zur Aufklärung der lange zurückliegenden Vorwürfe anberaumt, viele Zeugen geladen. Einige der Vorwürfe wurden bereits hinfällig, weil sie verjährt sind. Neue könnten folgen. Eigentlich sollte der Prozess im Jahr 2011 stattfinden. Doch der Hauptangeklagte Norbert F. erkrankte schwer. Er ist auch jetzt nur eingeschränkt verhandlungsfähig. Sein Verteidiger überreichte der Kammer ein entsprechendes Attest.
„Was wäre eine angemessene Strafe nach so langer Zeit?“, überlegte Richter Dielitz laut. Ein besonders schwerer Fall sei in der Anklageschrift nicht angenommen worden. Und durch die überaus lange Verfahrensdauer sei ein Teil der zu erwartenden Sanktion schon als vollstreckt anzusehen.
Zur Verkürzung des Verfahrens regte der Kammervorsitzende eine Prozessabsprache an. Würden die bislang nicht vorbestraften Angeklagten ein „qualifiziertes Geständnis“ ablegen, sei das Gericht bereit, eine gewisse Obergrenze nicht zu überschreiten. „Ein Geständnis bringt in der Regel ein Jahr Strafnachlass, mitunter auch zwei“, so Dielitz. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich dem Deal nicht abgeneigt. Für Sabine F. könne sie sich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung vorstellen, betonte einer der beiden Vertreter. Anders sähe die Sache bei Norbert F. aus. Er sei die treibende Kraft gewesen. Seine Strafobergrenze solle bei drei Jahren, die untere Grenze bei zwei Jahren und sechs Monaten Haft liegen.
„Die Gesellschaft hat Anspruch auf eine angemessene Sanktion. Das Gericht wird abwägen und Ihnen am kommenden Donnerstag einen vernünftigen Vorschlag unterbreiten“, erklärte der Vorsitzende. Im Übrigen könne Norbert F. mit der Verbüßung seiner Strafe im offenen Vollzug rechnen. Hoga
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