Von Henry Klix: Stein des Anstoßes
In Kemnitz soll lange verschollenes Kriegerdenkmal wieder aufgestellt werden – Ortsvorsteher ist dagegen
Stand:
Werder (Havel) - Sie leitet die CDU-Landtagsfraktion, ist Vize des Landesverbandes und hat im vorigen Jahr über die „Aufgabenauslagerung in Landesbetriebe im Bundesland Brandenburg“ promoviert. Ihren Kreistagssitz hat Saskia Funck zwar unlängst abgegeben, ein bisschen Kommunalpolitik macht sie aber noch: Sie ist Mitglied des Ortsbeirates in ihrem Heimatdorf Kemnitz.
„Das sind wohltuend handfeste Themen, die dort behandelt werden“, sagt sie über die kommunalpolitische Arbeit in der 380-Seelen-Gemeinde. Ein Antrag, den Funck am Dienstagabend dort gestellt hat, ist es auch. Es geht um einen Gedenkstein für die Kemnitzer, die im Ersten Weltkrieg heroisch ihr Leben ließen. Der gravierte Feldstein war in den 20er Jahren durch den örtlichen Kriegerverein aufgestellt worden und trägt die verwitterte Aufschrift „Unsern im Weltkriege 1914-1918 gefallenen Helden“.
Das etwa ein Meter hohe Denkmal – einst mit Eisernem Kreuz geschmückt – war in den 70er Jahren bei der Einebnung eines Hügels am Dorfteich abgebaut worden, erst vor zwei Jahren wurde es auf einem Bauschutthaufen wiederentdeckt. Jetzt soll es auf Antrag von Saskia Funck restauriert und wieder aufgestellt werden, an möglichst zentraler Stelle.
Und nicht nur das: Funck möchte eine Ergänzung eingravieren lassen – für die „Gefallenen des II. Weltkrieges“ – damit die „Kemnitzer Bürger wieder an einer zentralen Stelle ihrer Toten der Weltkriege in würdiger und angemessener Form gedenken können“, wie es in einem Artikel in den „Kemnitzer Nachrichten“ heißt, die Funck quartalsweise herausgibt. Die Kemnitzer wollten es so, sagte Funck gestern gegenüber den PNN. „Das hat etwas mit Heimatverbundenheit und emotionalen Bedürfnissen zu tun. Man sollte da nicht zu viel reininterpretieren.“
Im Ortsbeirat gab es für Funcks Antrag eine Mehrheit: zwei Ja- und eine Nein-Stimme – vom Ortsvorsteher Joachim Thiele, der von einem „riskanten politischen Manöver“ spricht. Thiele stößt sich an dem Begriff „Helden“ und besonders daran, dass es auf dem Stein eine Ergänzung für die „Gefallenen des Zweiten Weltkrieges“ geben soll. Dies passe nicht mehr zur deutschen Erinnerungskultur, zumal im ganzen Land mit „Stolpersteinen“ der deutschen Opfer der Nazidiktatur gedacht werde.
„Wenn der Gedenkstein noch stehen würde, könnte man ihn als historisches Zeugnis ja lassen“, so Thiele gegenüber den PNN. Doch vor acht Jahren sei nach langer Diskussion ein neuer Gedenkstein vor dem Dorfgemeinschaftshaus aufgestellt worden. Die Aufschrift „Den Opfern“ sei zwar allgemein, habe Jugendliche aus dem Dorf aber schon zu nachdenklichen Fragen veranlasst. „Was jetzt passiert, kann dem Ansehen von Kemnitz schweren Schaden zufügen“, fürchtet der Ortsvorsteher.
Erst vorige Woche habe er wieder zwölf Aufkleber der Jungen Nationalen im Dorf entfernt. Auch deshalb sei er gegen ein Gedenken, das eine Opfergruppe des Zweiten Weltkrieges herausstelle. Er wisse, dass er damit vielen älteren Kemnitzern vor den Kopf stoße, „aber man muss ja nicht bei allen Themen Volkes Meinung einfangen“, so Thiele. Für das individuelle Gedenken seien in der Dorfkirche Gedenktafeln mit Namen angebracht.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: