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Eigeninitiative. Auf der Demo entfernten die Flüchtlinge Aufkleber.

© B. Kietzmann

Potsdam-Mittelmark: Stigmatisiert durch rassistische Aufkleber

Rund 80 Flüchtlinge aus Berlin und Brandenburg protestierten am Sonntag in Teltow gegen Rassismus. Am Rande der Demo wurde ihnen der Hitlergruß gezeigt

Von Eva Schmid

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Teltow - Mit Schildern und erhobenen Fäusten protestierten am Sonntag in Teltow Asylbewerber gegen Rassismus und für Religionsfreiheit. „Wir sind enttäuscht und traurig“, berichtet ein 30-jähriger Mann aus Pakistan, der am Sonntag beim Protestzug vom Flüchtlingsheim zum Teltower S-Bahnhof dabei war. Der Grund für die Demo waren islamfeindliche Aufkleber, die im Stadtgebiet verteilt waren. Auf denen war wie berichtet ein Schwein abgebildet und in arabischer Schrift Allah geschrieben worden.

Bereits seit über einem Monat würden die Aufkleber an Ampeln oder Laternenpfählen kleben, so Muhammed Asif Syed. Der 29-jährige Flüchtling aus Pakistan hat die Demonstration organisiert. Rund 80 Flüchtlinge aus Teltow, Berlin, Eisenhüttenstadt und Bad Belzig sowie einige Deutsche haben laut Veranstalter daran teilgenommen.

Bisher habe man sich in Teltow wohlgefühlt, berichtet einer der Demonstrationsteilnehmer am Montag den PNN. Man nehme die Stadt als freundlichen Ort wahr. „Aber es gibt leider immer ein paar ausländerfeindliche Menschen“, sagt der junge Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er hoffe jetzt, dass das Rathaus in Teltow dafür sorgt, dass solche Aufkleber nicht mehr an Laternenpfählen kleben. Sein gleichaltriger Zimmernachbar fühlt sich mittlerweile nicht mehr so sicher wie vorher. Überrascht waren beide vom Einsatz der Polizei am Sonntag: Sie hätten den Flüchtlingen geholfen und sie geschützt.

Am Rande der Demo kam es nämlich zu mehreren Zwischenfällen. Laut Polizeisprecherin Jana Birnbaum seien drei Männer angezeigt worden, die gegenüber den Demonstranten den Hitlergruß gezeigt hatten. Auch die rassistischen Aufkleber sind der Polizei bereits bekannt. Anfang September habe ein Flüchtling bei der Polizei dagegen Anzeige erstattet. „Die Aufkleber erfüllen ganz klar den Tatbestand einer Beleidigung“, so Birnbaum. Der Staatsschutz hat den Fall übernommen, erklärte Birnbaum.

Auch die Stadt wird aktiv: „Uns ist es wichtig, dass weiterhin ein gutes Miteinander herrscht“, sagte Teltows 1. Beigeordnete, Beate Rietz (SPD) am Montag. Daher sollten die Außendienstmitarbeiter verstärkt auf Aufkleber achten und sie entfernen. Die Demonstration, so die Bilanz des Veranstalters Muhammed Asif Syed, hat ihr Ziel erreicht: „Wir haben gezeigt, dass wir Diskriminierung nicht tolerieren.“ Auf der Protestroute seien über 100 Aufkleber entfernt worden. Der in Bad Belzig lebende Syed kämpft für die Rechte der Flüchtlinge. Er spricht fließend Englisch und ist gut vernetzt. „Es war auch gut, dass die Teltower Flüchtlinge gemerkt haben, dass man der Polizei vertrauen kann.“ Das würden viele aus ihren Heimatländern nicht kennen. Die Angst vor der deutschen Polizei verhindere allzu oft, dass Vorfälle angezeigt werden.

Neben den Aufklebern berichtet Syed auch von Übergriffen auf Teltower Flüchtlinge in der Vergangenheit. Berater Hannes Püschel von der Potsdamer Opferperspektive bestätigt zwei Angriffe. Er wurde erst vor gut einer Woche nach Teltow gerufen, um den Flüchtlingen zu helfen. „Sie fühlen sich durch die Aufkleber bedroht und stigmatisiert“, so Püschel. Erst Anfang September wurde ein junger Kenianer auf dem Weg zum S-Bahnhof unvermittelt von einem Betrunkenen mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. Die Polizei erklärte damals, ein fremdenfeindliches Motiv sei auszuschließen (PNN berichteten). Dem Opferberater haben manche Flüchtlinge auch berichtet, dass sie beim Abkratzen der Aufkleber verfolgt wurden. Eva Schmid

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