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KulTOUR: Stillleben und Porträts in der Galerie Töplitz

Werder (Havel) - Da steht er, der Hoch-Springer von Sebastian Harwardt, mit seinem Stab. So richtig glücklich oder entschlossen blickt er nicht aus dem Bild heraus.

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Werder (Havel) - Da steht er, der Hoch-Springer von Sebastian Harwardt, mit seinem Stab. So richtig glücklich oder entschlossen blickt er nicht aus dem Bild heraus. Ob er die Hürde schafft, die er überspringen will? Schließlich befindet er sich ja nicht in einem Stadion, und die Wand, vor der er steht, ist aus lauter Zeitungsausrissen zusammengesetzt. Der junge Maler, jetzt Absolvent der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, glaubt fest daran, dass jener Sportsmann es auch schaffen wird. Auch sein „homo intellectus“ ist nicht ohne: Nackt und ernsten Ausdrucks grübelt er hoch über den Ruinen der zerstörten Stadt so vor sich hin. Was mag da schiefgelaufen sein?

Zusammen mit seinen Kollegen, dem Syrer Rawad Atfeh und Julian Plodek, beide haben die Burg Giebichenstein bereits hinter sich, bestreitet Harwardt die neue Ausstellung der Inselgalerie zu Töplitz. Schon erstaunlich, immer wenn Kuratorin Marianne Kreutzberger sich gen Halle auf die Suche macht, kann man sich zumindest handwerklicher Qualitäten sicher sein. Dieses Mal war die Wahl wohl ganz besonders glücklich, weil man es hier mit drei Malern zu tun bekommt, bei denen auch das künstlerische Vermögen sofort überzeugt, auch wenn hier und da noch akademische Gelehrtheit sie belastet, bei gewissen Definitionsfragen zum Beispiel. Doch das vergeht im Lauf von Zeit und Arbeit. Was einen die Schulen lehren, sollte man zuallererst und ganz rapid vergessen!

Mit Rawad Atfeh kann man sich nicht nur gut über die aktuelle Lage in seiner Heimat unterhalten, auch seine ästhetischen Ansichten verdienen Achtung. Er meint, beim fertigen Bild bedürfe der Betrachter des Künstlers nicht unbedingt mehr. Man solle sich auf die Malerei konzentrieren, weniger aufs Sujet, dies können durchaus auch uralte Schuhe sein, die niemand mehr braucht. Unwichtiges also. Dergestalt sucht er nach Wegen, dass jedes Bild für sich stehe. Und so malt er auch, so sieht man auf seine Werke, die manch einer nur für schnöde Stillleben halten will.

Ein Suchender ist auch Julian Plodek. Abgesehen von seiner großformatigen Diplomarbeit, die ihm seelische Heimat spiegelt, kann er perfekte Porträts malen. Von realen oder bereits abgelichteten Menschen, oder auch von den liebenden, schützenden Händen seiner Großmutter. Gedanklich und auch ganz praktisch fragt er nach dem Unterschied zwischen Original und dessen „Nach-Bild“, und was die Malerei denn besser könne (ganz einfach, sie vermag hinter die Dinge zu schauen!) als die Fotografie. Im ersten Fall verweist er auf drei Siebdrucke, die solche „Nachbilder“ (Repros) von selbstgemalten Porträts zeigen, Letzteres war der Grund, die Hand seiner Oma so filigran wiederzugeben. Plodek sucht nach jener Formel, die den Betrachter zum Hinschauen zwingt.

Dass alle drei Künstler bei ihrem Suchen gegenständlich bleiben, mag dem Herrn Giebich geschuldet sein, oder auch nur ihren Lehrern. Töplitzens „Jüngste“ jedenfalls bestätigt ganz nebenbei, wie sehr doch Können erst die Kunst bezeugt, und Kunst das Können. Erst (und nur) hier beginnt der Weg zur „künstlerischen Freiheit“, der Stabhochspringer zeigt es ja an! Gerold Paul

Ausstellung bis zum 14. Juli samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr, montags bis freitags von 16 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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