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Potsdam-Mittelmark: Streit im Tal der Whisky-Brenner

David gegen Goliath: Norbert Eggenstein aus Bad Belzig hat Ärger mit den Schotten, weil denen der Name seines Whiskys nicht passt

Von Eva Schmid

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Bad Belzig - Im Tal des Sandberges reift er vor sich hin, der erste Whisky aus Bad Belzig. Noch zwei Jahre braucht er, um seinen vollen Geschmack zu entfalten. Doch schon jetzt gibt es Ärger. Glen Sandhill hat der Belziger Bierbrauer und Whiskybrenner Norbert Eggenstein seinen Whisky genannt. Doch der Name für seine bernsteinfarbene Spirituose passt der Scotch Whisky Association, einem Zusammenschluss der schottischen Whisky-Industrie, überhaupt nicht.

Der Stein des Anstoßes ist das Glen, der englische Begriff für Tal, im Belziger Whisky-Namen. Denn Glen verbinde man automatisch mit schottischem und nicht mit deutschem Whisky, schreiben die Anwälte des schottischen Whisky-Verbands. Norbert Eggenstein sieht das anders: Er will sich nicht verbieten lassen, den Begriff Glen zu nutzen. Denn der passe auch zur Belziger Landschaft. „Auch wir haben hier ein Tal, zugegeben ein kleines, aber immerhin.“ Und in der Umgebung von Bad Belzig gebe es kleinere Hügel. Sein Bürgerbräuhaus liegt am Fuße der Burg Eisenhardt, das Gebiet war früher ein Dorf namens Sandberg. Zudem setzt Eggenstein auf den internationalen Markt: „Ein Chinese kann mit Glen Sandhill doch mehr anfangen als mit einem deutschen Namen.“

Über so eine Erklärung schütteln die Schotten nur den Kopf. In einem fünfseitigen Brief haben sie eine deutsche Anwaltskanzlei jetzt erklären lassen, wieso deutscher Whisky sich nicht Glen nennen darf. Denn das sei ein Versuch, das Ansehen der registrierten geografischen Herkunftsangabe „Scotch Whisky“ auszunutzen, schreiben die Juristen aus Hamburg. Der deutsche Whiskybrenner Eggenstein wüsste ganz genau, dass er sich auf diese Weise mit fremden Federn schmücke. „Augenscheinlich ist Ihnen die Bezeichnung ’The Glens of Scotland’ ein Begriff“, heißt es spitz in dem Brief. Darunter sind Ausschnitte der Webseite des Burgbräuhaus zu sehen, die von den Anwälten analysiert wurde. Dort wirbt er damit, dass im Tal des Sandberges seit Dezember vergangenen Jahres der einzigartige Single-Malt-Whisky Glen Sandhill hergestellt wird.

Angefangen hat der Ärger um den Whiskynamen vor wenigen Monaten. Ein schottischer Geschäftsmann kam bei ihm im Oktober in Bad Belzig vorbei und bestellte drei Fässer mit jeweils 200 Litern. Kaufen darf er ihn frühestens im Dezember 2015, nach drei Jahren Reifezeit in Eichholzfässern. „Vier Wochen nach seinem Besuch bekam ich den Brief von der Anwaltskanzlei“, so Eggenstein. Im Mai, als er sich den Namen auf dem Patentamt habe schützen lassen, gab es keine Reaktionen. Wahrscheinlich habe der Mann über seinen Großeinkauf mit Landsleuten gesprochen, vermutet Eggenstein. Wie viel ein ganzes Fass mit rund 200 Litern der kostbaren Spirituose koste, will er nicht verraten. Auf seiner Webseite gibt er den Preis für einen halben Liter mit 69 Euro an.

Jetzt erklären die Anwälte: „Zwischen den Wörtern Glen, Scotch Whisky und Schottland besteht eine starke Assoziation.“ Das heißt, wenn Glen in Zusammenhang mit Whisky benutzt wird, sei das eindeutig eine unmittelbare Anspielung auf Schottland und rufe bei Vebrauchern die Erwartung hervor, dass es sich um schottischen Whisky handle. Eggenstein würde das noch toppen, weil der Name seines jungen Destillats ausschließlich in englischer Sprache sei. Auch der Zusatz Whisky Destille, der bereits auf seinen Fässern prangt und auch auf die Flaschen kommen soll, macht die Schotten wütend, denn: „Das spiegelt das Prinzip der Namensgebung von Scotch Whisky produzierenden Destillen wider.“ Um Eggenstein weitere Rechtsstreitigkeiten zu ersparen, schlagen sie einen Kompromiss vor: Der deutsche Whisky-Produzent solle doch einfach einen anderen englischen Begriff für Tal benutzen - und das Problem wäre gelöst. Die Alternative heißt Valley, daraus ergebe sich dann „Valley of Sandhill“ oder „Sandhillvalley“ – dagegen hätte die Schottische Whisky Association rein gar nichts. Hauptsache das Glen ist weg.

Mit dem Whisky will Eggenstein sein bisheriges Angebot ausbauen. „Mit Bier hat man über das Jahr nicht die konstanten Absätze“, so der Braumeister. Zudem hat er für die Whiskygewinnung auch schon fast alles zur Hand gehabt. Die Spirituose werde fast so hergestellt wie Bier – nur der Hopfen fehle. Und ganz wichtig: „Der deutsche Whisky steht dem schottischen in nichts nach“, sagt er.

Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, hat der Belziger den Schotten jetzt einen Kompromiss vorgeschlagen. Er will auf seiner Internetseite und den zukünftigen Broschüren noch die Bezeichnung „German“ hinzufügen, sodass jedem Verbraucher klar werde, es handelt sich um eine deutschen Whisky-Destille. Das macht übrigens auch der Werderaner Obstbauer Michael Schultz. Auf seiner Webseite steht groß: Deutscher Whisky aus Werder (Havel). Und mit dem Namen für sein Destillat kann er zumindest bei den Schotten nicht anecken. Er nennt seine Spirituose Glina – das Wort kommt aus dem Slawischen und bedeutet soviel wie Ton und Lehm. Daraus leitet sich der Ortsname Glindow ab.

In Bad Belzig hofft man auf eine Einigung und wartet auf eine erneute Reaktion der Schotten. Das Glen will Eggenstein erst mal nicht von seinen Fässern und seiner Webseite verschwinden lassen. „Wenn sie mich vor Gericht zerren, werde ich mal abwarten, wie sie das dann begründen.“ Da der richtige Verkaufsstart in rund zwei Jahren beginne, sei der Schaden auch noch nicht so groß, ergänzt er. „Doch im Zweifelsfall werden sie so viel klagen, dass ich da nicht mithalten kann“, vermutet er.

Übrigens ist ein ähnlicher Fall vor vier Jahren mit dem Magenbitterproduzenten Underberg gütlich ausgegangen. Einem Hotelier aus dem Erzgebirge drohte damals wegen eines für ihn kreierten Hausschnapses namens „Oberberg” mächtig Ärger mit dem bekannten Spirituosenhersteller. Der hat sich nämlich auf dem Markt der Kräuterschnäpse fast alles, was auf Namen wie „Unter” und „Berg” hört, gesichert. Nach etwas Überzeugungsarbeit hatte die Firma Verständnis für den Hotelier: Man sprach über die Bezahlung einer Lizenzgebühr, die das Familienunternehmen nicht ruinieren sollte. Seither zahlt es pro 100 Liter Oberbergschnaps symbolisch einen Euro an Underberg. Regelmäßig werden aus dem Erzgebirge auch Probefläschchen an den Magenbitterproduzenten geschickt, damit der die Rezeptur überprüfen kann.

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