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Kita-Regelung in Schwielowsee: Streit um Muttermilch
Muttermilch zu unhygienisch für Kitas? Eine umstrittene Regelung in Schwielowsee wird jetzt auf Bundesebene diskutiert. Müttern, die nach der Geburt weiter arbeiten wollen, werde der Wiedereinstieg in den Job dort erschwert, meint das "Bundesinstitut für Risikobewertung".
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Schwielowsee - Keine Muttermilch für Babys? Eine Richtlinie in der Gemeinde Schwielowsee, aus hygienischen Gründen nur noch Muttermilchersatz an Säuglinge zu verfüttern, hatte im Januar für Furore gesorgt. Inzwischen wird auf Bundesebene über den Fall diskutiert. In einem Schreiben des „Bundesinstituts für Risikobewertung“ an das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesfamilienministerium wird empfohlen, die Haftung der Kitas bei der Fütterung mit abgepumpter Muttermilch einzuschränken.
Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass andere Kitas dem Beispiel Schwielowsees folgen könnten, warnt Institutsleiter Andreas Hensel. „Dies würde Mütter, die eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit anstreben, zum Abstillen zwingen und einer erwünschten Steigerung der Stillquote in Deutschland zur Prävention von kurz- und langfristigen Krankheiten entgegenstehen“, so Hensel.
Der Institutschef kritisiert, dass keine einheitlichen Regelungen in den Bundesländern zur Muttermilch-Abgabe an Kitas bestehen. So hafte in Rheinland-Pfalz die Mutter für die Unbedenklichkeit der gelieferten Milch und die Kita für die fachgerechte Aufbewahrung und Verabreichung. Dementgegen liegt die Haftung laut einer Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausschließlich bei der Kindertagesstätte. Diese Befürchtung besteht auch in Schwielowsee.
Das Bundesinstitut regt deshalb an, das Thema in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe anzusprechen und eine einheitliche Regelung zu erarbeiten. Das Institut ist dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zugeordnet und hat die Aufgabe, es wissenschaftlich zu beraten. Als Grundlage für eine einheitliche Länderregelung könnte Institutsleiter Hensel zufolge eine Empfehlung der „Nationalen Stillkommission“ zum Umgang mit abgepumpter Muttermilch im Krankenhaus und zu Hause dienen. Die Stillkommission, die zum Institut gehört, prüfe bereits, wie diese Empfehlung für Kitas angepasst werden kann.
Die Stillexperten betonen, dass Muttermilchernährung die Infektabwehr, das Wachstum und die neurologische Entwicklung unterstützt, die emotionale Bindung zum Kind stärkt und hilft, die Zeit der Trennung zu überbrücken. In den Krankenhausempfehlungen werden unter anderem Hinweise gegeben, wie Muttermilch hygienisch abgepumt werden kann, wie sie transportiert, gelagert und möglichst frisch verfüttert wird.
Stillkommissions-Mitglied Skadi Springer hatte sich persönlich zu dem umstrittenen Fall in Schwielowsee kundig gemacht und das Thema danach auf die Tagesordnung gebracht. „Die Nationale Stillkommission hat sich der Problematik angenommen und einen Text mit Hinweisen für abpumpende Mütter und einen Text für die Kitas entworfen“, so Springer gestern gegenüber den PNN. Die beiden Texte würden jetzt Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung zur Beurteilung vorgelegt, bevor sie als Handlungsempfehlung auf der Homepage der Stillkommission – unabhängig von gesetzlichen Neuregelungen – als Handlungsempfehlung veröffentlicht werden.
In Schwielowsee hat man noch keinen Anlass gesehen, vom Muttermilchverbot abzurücken. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe hatte zuletzt klargestellt, dass es in den vergangenen fünf Jahren lediglich drei Fälle gab, in denen die Frage überhaupt zur Debatte stand.
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