zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Sturm gegen Windparks

Tausende Einwände gegen Eignungsgebiete / Regionalplanung teilt Sorge vor erhöhter Waldbrandgefahr

Stand:

Werder (Havel) / Beelitz - Gegen die 24 im Regionalplanentwurf verzeichneten Windparks gibt es massive Widerstände. Nach Angaben der Regionalplanung Havelland-Fläming sind Tausende Widersprüche eingegangen, zwei Drittel der Windparks würden von den Kritikern infrage gestellt. „Besonders aus Bliesendorf und Fichtenwalde gibt es eine große Zahl von Einwänden“, sagte der Geschäftsführer der Regionalen Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming, Harald Knauer. „Dort wurden alle Kräfte mobilisiert.“

Mit einem „Teilplan Wind“ will die Regionalplanung vor dem Hintergrund der Energiewende dem Bau von 24 Windfarmen zwischen Rathenow und Dahme Raum verschaffen, sie sollen teils in Wäldern stehen. Vorige Woche wurde ein Beteiligungsverfahren abgeschlossen. Die Auswertung dauere aufgrund der Papierberge an, so Knauer. Einige Kernfragen würden sich aber bereits abzeichnen.

Sehr ernst zu nehmen ist aus Knauers Sicht das Thema Waldbrandgefahr, das von vielen Bürgern aus Bliesendorf und Fichtenwalde angesprochen worden sei. „Das ist mit den Kiefer-Monokulturen und Sandböden in der Mark eine berechtigte Sorge.“ Die Feuergefahr sei tatsächlich deutlich größer als in anderen Bundesländern. „Wir müssen schauen, ob es Regelungserfordernisse gibt.“ Für den Bliesendorfer Windpark stelle eine Gasleitung ein zusätzliches Risiko dar. Denkbar sei zum Beispiel, im Regionalplan eine „differenzierte Risikoeinschätzung“ vorzunehmen, die bei der Baugenehmigung zu besonderen Auflagen führen könnte. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei das Risiko brennender Windräder mit Brandschutzmaßnahmen wie der thermischen Anlagenüberwachung beherrschbar.

Für Fichtenwalder wie für Bliesendorf sei der Lärmschutz vor der Autobahn ein wichtiges Thema. „Der Wald hat dort tatsächlich teilweise eine Lärmschutzfunktion“, so der Regionalplanungschef. Vorstellbar sei, dass die Windräder bei Bliesendorf auf der Südseite der A 10 konzentriert werden oder die Windkraftbetreiber in Fichtenwalde den entgangenen Lärmschutz kompensieren. Die Furcht, dass für die Windparks 95 Prozent des Waldes gerodet werden müssen und auch die Waldfunktion gestört werde, sei derweil unbegründet. „Es ist eher umgekehrt: 95 Prozent des Waldes bleiben stehen.“

Was die Furcht vor Infraschall angeht, verwies Knauer auf Studien wie die vom bayerischen Landesumweltamt. Demnach stellt selbst ein Windpark in 600 Metern Abstand keine Gesundheitsgefahr dar. Die Regionalplanung sieht Mindestabstände zur Wohnbebauung von 1000 Metern vor, zu den Kliniken in Beelitz-Heilstätten von 1500 Metern. Insofern seien auch die Befürchtungen für die dortigen Patienten bezüglich des Infraschalls infrage zu stellen, so Knauer.

Etwa 100 Einwände seien aus Anwaltskanzleien eingereicht worden. Auch die Regionalplanung werde bei der Abwägung auf Juristen angewiesen sein. Der Abwägungsprozess soll möglichst bis zum Frühjahr 2013 abgeschlossen sein. Nach einem Beschluss der Regionalversammlung und der Genehmigung der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg könnte der Regionalplan nächstes Jahr wirksam werden.

Aus aktueller Sicht steht nur hinter einem der 24 Windeignungsgebiete ein kleines Fragezeichen, sagte Knauer. Für das Areal des bei Wittbrietzen geplanten Windparks habe die Stadt Beelitz unlängst eine Sicherstellung als Landschaftsschutzgebiet durchgesetzt. „Nach unseren Kriterien wäre das Eignungsgebiet damit rausgefallen.“ Die rechtliche Prüfung stehe aus. Knauer zufolge sind auch Hunderte von Einwänden von Flächeneigentümern eingegangen, die für größere Windeignungsgebiete plädieren. Die Pacht kann drei bis fünf Prozent der Stromerträge betragen.

Beim Windkraftbetreiber Prokon aus Itzehoe, der sich bereits umfangreiche Flächen für die Windparks bei Bliesendorf und Fichtenwalde gesichert hat, sieht man das Beteiligungsverfahren gelassen. Viele der Argumente, die er von den Bürgerinitiativen gegen die Windeignungsgebiete gehört habe, seien „nicht sachgemäß“, sagte der Potsdamer Prokon-Entwickler Norbert Bachmann. In allen Ecken der Republik finde ein Umdenken statt.„Wir leben in einer Welt des permanenten Strukturwandels, dazu gehören sich verändernde Bilder in der Umgebung und in der Epoche der erneuerbaren Energien auch die Windräder.“

Ohne Regionalplan werde es sehr viel mehr davon geben, warnt Bachmann. So würde das Kriterium, dass zwischen den Windparks ein Mindestabstand von fünf Kilometern einzuhalten ist, der Privilegierung im Baugesetzbuch dann nicht mehr standhalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })