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Potsdam-Mittelmark: Tagebuch im Rathaus
Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig zieht nach vier Jahren im Amt eine Zwischenbilanz
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Nuthetal - Das rote Büchlein begleitet sie seit dem ersten Arbeitstag: Seit vier Jahren führt Nuthetals Rathauschefin Tagebuch. Für die Linke-Politikerin Ute Hustig sind die handschriftlichen Aufzeichnungen eine wichtige Gedankenstütze. Sie schreibt Erfolge, Durststrecken und Anekdoten auf. Am Montag zur Halbzeit-Bilanz gab sie Pressevertretern Einblicke in ihr Leben als Rathauschefin.
„Schon mein erster Tag war turbulent“ so Hustig. Statt ins Rathaus zu fahren, habe sie am 1. Oktober 2010 den Weg zu ihrem alten Arbeitsplatz eingeschlagen. Hustig arbeitete früher als Referatsleiterin bei der Investitionsbank des Landes. Im Rathaus angekommen lagen fünf große Ordner vor ihr, die Übergabe dauerte nur eine Stunde, „Dass das nicht einfach werden würde, war mir klar.“
Heute, vier Jahre später, hat Hustig einiges auf den Weg gebracht: Nuthetal ist eine familien- und kinderfreundliche Gemeinde, zusammen mit den Bewohnern wurde ein Leitbild entwickelt. Hustig hat um faire Wasser- und Abwasserpreise gekämpft und das Thema schnelles Internet zur Chefsache erklärt – früher noch mittels Funklösung, heute per Kabelausbau. Auch die Unternehmer werden in der Gemeinde von der Rathauschefin persönlich betreut. „Ich bin ja auch so etwas wie eine Unternehmerin“, sagt Hustig. Um ihre 28 Verwaltungsangestellten müsse sie sich kümmern, mit den Angestellten aus den sozialen Einrichtungen komme Nuthetal auf insgesamt 130 Mitarbeiter.
Die Arbeit der Bürgermeisterin trägt erste Früchte: „Der größte Erfolg ist, dass wir uns einen Namen gemacht haben“, sagt Hustig. Heute werde man nicht mehr gefragt, wo denn Nuthetal in Brandenburg liege. Sogar Fachgremien verschiedener Landesministerien würden die Kommune um Rat fragen.
Was nicht im Tagebuch steht, hat die durchaus beliebte Rathauschefin – damals bekam sie 54,8 Prozent der Stimmen in der Bürgermeister-Stichwahl, in den kleinen Nuthtetaler Ortsteilen kam sie sogar auf 74,7 Prozent der Stimmen – in ihrem Jahreskalender eingetragen. Dort ist mit Gedankenstrichen eine ganze Seite für Ideen reserviert, die im Laufe des Jahres angeschoben werden sollen. So eine Projektplanung, wie Hustig sie nennt, sei zwar ziemlich zäh und gehe im Alltag schnell unter. „Sie muss man aber machen, um Erfolg zu haben.“ Von Jahr zu Jahr habe sie zum Beispiel den Radweg von Saarmund zum abgelegenen Saarmunder Bahnhof, die Lärmschutzwand für Fahlhorst und das barrierefreie Wohnen in Bergholz-Rehbrücke auf ihrer Liste gehabt. Mittlerweile würden alle Projekte kurz vor dem Abschluss stehen.
Nicht immer lief alles nach Plan: „Mir ist zum Beispiel der Kompromiss bei den Altanschließern nicht geglückt.“ Vor zwei Jahren hatte sich Hustig wie berichtet für eine differenzierte Beitragsermittlung eingesetzt. Ein Kompromiss mit der Nachbargemeinde Michendorf wurde aber nicht gefunden.
Die „To-Do-Liste“ für die nächsten vier Jahre hat Hustig schon grob im Kopf. „Wir brauchen mehr barrierefreien Wohnungen und Wohnraum für junge Menschen, Berufseinsteiger.“ Nur so könne man die Jugend im Ort behalten. Auch eine neue Sporthalle in Rehbrücke könnte es geben, „wenn es politisch gewollt ist“. Um sie zu finanzieren, müsste möglicherweise die Gewerbesteuer erhöht und auch erstmalig eine Zweitwohnsitzsteuer erhoben werden – immerhin gibt es in Nuthetal 530 gemeldete Zweitwohnsitze.
Ob Hustig für eine zweite Amtszeit kandidieren wird, ließ sie am Montag offen: „Wer weiß, was dann sein wird.“ Hustig ist sich sicher, dass es recht bald zu einer Verwaltungsreform in Brandenburg kommen werde. „Die kommunale Selbstverwaltung bleibt aber bestehen.“ Jedoch würde das Zusammenlegen von Verwaltungen mehr Effizienz bringen und Kosten einsparen. Einen ersten derartigen Versuch probt Nuthetal bereits mit Potsdam: Mitarbeiter des Standesamtes aus der Landeshauptstadt springen ein, wenn die einzige Standesbeamtin aus Nuthetal im Urlaub oder krank ist. Eva Schmid
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