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Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“: Theater ohne Worte
Die Kreismusikschule sucht für ein Open-Air-Großprojekt Jugendliche mit Lust auf Spiel und Bewegung
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Kleinmachnow - Es soll eines der größten Projekte werden, das die Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“ bisher auf die Beine gestellt hat. Bis zum nächsten Sommer wollen die beiden langjährigen Musikschullehrerinnen Jule Stephan und Silvana Uhlrich-Knoll gemeinsam mit interessierten Jugendlichen eine eigene Musiktheaterproduktion erarbeiten, die anders als bisherige Stücke weit über das Musikschulleben hinausreicht und viele Akteure der Region einbezieht.
Das Ergebnis soll in gut einem Jahr auf dem Teltower Rathausmarkt präsentiert werden, der sich dazu in eine große Open-Air-Bühne verwandeln wird. Allerdings: Noch fehlen die Hauptdarsteller für das Crossover-Experiment, die nun in zwei Castings gesucht und gefunden werden sollen. Teilnehmen können alle Jugendlichen im Alter von 14 bis 20 Jahren, die Lust am Darstellen, Gestalten, Erfinden und Bewegen haben, sagt Projektleiterin Jule Stephan. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. „Die Jugendlichen müssen weder tanzen noch singen können“, erklärt die 43-Jährige. Genau genommen soll das Casting auch eher ein Kennenlernen sein, sagt sie. Nach Hause geschickt wird kaum jemand, es sei denn, die Zahl der Interessierten überschreitet die der avisierten Teilnehmer von etwa 30 deutlich.
Schauplatz des Stücks wird am 7. und 8. Juli 2017 der Teltower Marktplatz sein, für den sich die Initiatorinnen des Projekts ganz bewusst entschieden. Mit Denkmal und Brunnen und mitten in der Altstadt gelegen, sei er nicht nur faszinierend, sondern nahezu ideal, schwärmt Silvana Uhlrich-Knoll. Auch biete er, anders als der Kleinmachnower Rathausmarkt oder Stahnsdorfer Dorfplatz, nicht nur die entsprechende Optik, sondern auch den für die Produktion benötigten Platz. So soll sich das Publikum auf Sitzerhöhungen um den Markt verteilen, während die jugendlichen Darsteller ihn Stück für Stück füllen, indem sie sich hüpfend, springend, laufend oder fahrend darüber hinwegbewegen und einander begegnen. Die eigentliche Geschichte entwickelt sich erst durch das Aufeinandertreffen vor Ort, sagt Stephan. Allerdings – und auch das ist neu: Gesprochen wird kein einziges Wort. Die Initialzündung und Grundlage ihrer Idee fand die Gesangs- und Theaterpädagogin in dem wortlosen Stück von Peter Handke „Die Stunde, da wir nichts von einander wussten“, das 1992 im Suhrkamp-Verlag erschienen und wenige Monate später in Wien uraufgeführt worden war. Auch dort kreuzen die Akteure in einer Diagonale einen freien Platz.
Unter dem Titel „Life in a Day“ wollen die Musikschullehrerinnen auf Basis des Stücks ein eigenes Musik-und-Tanz-Theater erspinnen, das das Leben an einem Tag oder einen Tag im Leben der Menschen in der Region spiegelt – das Ganze komprimiert auf eine Stunde. Ein jeweils einstündiges Blas- und Streichkonzert werde den Aufführungen vorangestellt.
Ein gesellschaftlicher „Schmelzpunkt“ soll es sein, der alle einbezieht, sodass eine Art Gesellschaftsbild entsteht, erklärt die Geschäftsführerin der Kreismusikschule, Uta Hoffmann-Thoben, das Projekt. So soll das Stück neben den Jugendlichen auch viele weitere Akteure aus Bildungs- und Kultureinrichtungen, Flüchtlingsheim und Kunstschule zusammenführen. Das Fundament für Mimik, Gestik, Tanz und Körperbewegung bildet die Musik. Wie aus kleinen Puzzleteilen und unterschiedlichen Musikrichtungen von „Bach bis Punk“ zusammengesetzt, sollen Gesang und Instrumentalmusik die handelnden Akteure begleiten und sich analog zur Geschichte entwickeln und umgekehrt.
Geprobt wird zunächst unabhängig voneinander. Im Februar werden die insgesamt 100 Mitwirkenden dann zum ersten Mal zu einem gemeinsamen Probenwochenende zusammenkommen, bevor es dann im Juli in die heiße Phase geht – Stephan spricht von der „Woche des Wahnsinns“.
Insgesamt ist es ein großes Experiment, das noch ganz am Anfang steht. Damit es glückt, müssen auch noch weitere Hürden genommen werden. So muss beispielsweise noch ein passender Probenraum für die wöchentlich anberaumten Treffs gefunden werden, in denen einzelne Situationen und Sequenzen mit den Teilnehmern einstudiert werden können. Zudem fehlt es noch an einer Schlecht-Wetter-Lösung. „Es gibt im gesamten Kreis keine Halle oder keinen Veranstaltungssaal, der mehr als 250 Leuten Platz bietet“, so Hoffmann-Thoben. Bei der Open-Air-Variante auf dem Teltower Marktplatz werden an beiden Aufführungstagen jeweils etwa 500 Menschen erwartet. Solveig Schuster
Die Castings für das Musiktheaterprojekt „Live in a Day“ finden am 27. Juni und 4. Juli in der Biomalzfabrik in Teltow statt. Ein genauer Termin wird nach Anmeldung und Einteilung der Gruppen bekannt gegeben. Kontakt: jule.stephan@kms.de
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