zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Tiefenmeditation im fröhlichen Havelstädtchen

Ralf Dannehl will den Werderanern in einem Seminar mehr Lebensfreude einhauchen. Brauchen die das?

Von Enrico Bellin

Stand:

Werder (Havel) - Ralf Dannehl erwartet seine Besucher im Werderaner Treffpunkt mit einem breiten Lächeln. Es scheint, als wolle er als gutes Beispiel für seine Lebensfreude-Seminarreihe vorangehen, die am morgigen Donnerstag beginnt. Doch braucht man solche Seminare im fröhlichen Havelstädtchen?

Der staatlich anerkannte Heilpraktiker für Psychotherapie antwortet darauf mit Beispielen fehlender Lebensfreude, die den Teilnehmern seiner Seminare oft gar nicht bewusst seien. „Die steigende Zahl der Singles beispielsweise merkt oft nicht, wie sehr ihr körperlicher Kontakt mit den Mitmenschen fehlt“, so der 59-Jährige. Im Seminar in Werder gibt es deshalb Übungen zur Körperwahrnehmung, bei denen einfach mal ein Fremder über den eigenen Rücken streichelt.

Was das bringt? Auf die Frage ergreift Dannehl den Arm des Ungläubigen und berührt ihn intensiv. „Merken Sie den Effekt? Das Kribbeln, das durch den Körper geht?“ Der Effekt des Berührtwerdens auf die Psyche sei groß, führe zu Entspannung und zum Loslassen. Mit eigenen Berührungen könne man das nicht provozieren. „Das ist wie beim Kitzeln, das bekommt man ja auch nicht allein hin.“ Das Gehirn lasse sich nicht austricksen, so der Werderaner Therapeut.

Viel zu oft würden im Alltag solche einfachen Bedürfnisse nicht mehr erfüllt werden, werde sich zu sehr darauf konzentriert, was andere erwarten. Dannehl hat das selbst hinter sich, mit schweren Folgen: 2004 erlitt der Werderaner ein Burnout. „Ich habe mich im Alltag mit Arbeit zugedröhnt und nicht auf die eigenen Gefühle geachtet“, sagt Dannehl. Zuletzt hat er als kaufmännischer Angestellter 14 Jahre lang bei einem Berliner Elektrogroßhandel gearbeitet – bis die Firma nach Frankfurt (Main) verlegt und er und seine Kollegen entlassen wurden. Da fiel er in ein tiefes Loch.

„Da standen bei mir alle Räder still, ich habe mich als Opfer gefühlt und konnte morgens nicht mehr aufstehen.“ In Therapien hat er gelernt, sein Leben neu zu definieren und war vom Ergebnis derartig überzeugt, das er begann, sich selbst der Psychotherapie zu widmen.

Wichtig sei für die Lebensfreude, Sorgen nicht nur fallenzulassen, sondern anzunehmen. „Dann kann man an ihnen arbeiten und sie so umwandeln, dass sie einen selbst nicht mehr belasten.“ Neben Techniken wie der Tiefenmeditation lehrt Dannehl zusammen mit Kollegen in der Seminarreihe auch das Erkennen von Stress anhand von Krankheiten. „Wir werden für Krankheiten empfänglicher, wenn es der Seele nicht gut geht“, erklärt er. „Häufige Infekte sollten daher als Alarmsignal der Psyche verstanden werden.“

Viele Menschen würden erst als Rentner realisieren, dass sie schon lange unter Depressionen leiden, da vorher die eigene Wahrnehmung den Gedanken daran gar nicht zulässt. Auch Werderaner Senioren könnten ihre Lebensfreude zurückgewinnen. „Bei mir hat es ja auch gedauert, doch jetzt rede ich so viel mit anderen Menschen, dass das Defizit aus meinem früheren Leben schon ausgeglichen ist.“ Enrico Bellin

Die Seminarreihe startet morgen um 19 Uhr im Treffpunkt. Anmeldung unter Tel. (033 27) 42 423.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })