Von Thomas Lähns: Über 50 Millionen für Werders Altstadt
Privatleute, Unternehmer und die öffentliche Hand haben seit der Wende ins Sanierungsgebiet investiert
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Werder (Havel) - Auf Werders Insel geht es voran: Unablässig surrt der Trennschleifer, immer wieder hört man Hammerschläge. Bauarbeiter klettern die Leitern rauf und runter und decken die Dächer ein. Mit den sechs neuen Häusern am Markt, die jetzt im Rohbau stehen, ist Werders historische Mitte kaum wieder zu erkennen. Noch vor fünf Monaten hatte hier eine gut hundert Meter breite Lücke geklafft. Bei einem Rundgang durch das Sanierungsgebiet Werder berichteten gestern Vertreter der Verwaltung, des Sanierungsträgers und die Bauherren über erfolgreiche Projekte zwischen Plantagenplatz und Insel.
Insgesamt gut 80 Prozent des Budgets für die Sanierung des Werderaner Stadtkernes seien mittlerweile ausgeschöpft, berichtete Hans Tödtmann vom Sanierungsträger Potsdam. Seit der Wende sind Fördermittel in Höhe von 21 Millionen Euro ausgezahlt worden, meist als 40-prozentiger Zuschuss für Hüllen- und Dachsanierungen. Damit haben all die öffentlichen, gewerblichen und privaten Investoren in nur 20 Jahren insgesamt 52,5 Millionen Euro in die Hand genommen und ihre Gebäude saniert. Hinzu kommen die Leistungen für den Innenausbau.
Die meisten Sanierer haben selbst mit Hand angelegt – so wie Immobilienunternehmer Gösta Schmoll, der jetzt das Ensemble in der Torstraße 11 saniert hat. Elf Prozent der förderfähigen Kosten von 250 000 Euro habe er als sogenannte „bauliche Selbsthilfe“ in Eigenleistung erbracht. Insgesamt habe die Sanierung des Komplexes 935 000 Euro gekostet, berichtete er. Das Vorderhaus wurde Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet, in den 1920er Jahren wurde es auf vier Stockwerke erweitert. Das Hofgebäude im hinteren Bereich war einst die Wirkungsstätte des Schmiedemeisters Paul Ullmann. Das sei besonders aufwendig zu sanieren gewesen, da hier keine Wärmedämmung vorhanden war, so Tödtmann. Für Schmoll war das Projekt ein Wagnis: Lange wurde nach möglichen Erben gesucht, bevor er kaufen durfte. „Wir haben saniert, und selbst als schon die ersten Mieter drin waren, hatte mir das Haus noch nicht gehört", berichtete er. Mittlerweile ist er Eigentümer und verwaltet die sechs Wohnungen im Vorderhaus und zwei weitere in der früheren Schmiede.
Ähnliche Probleme mit Restitutionsansprüchen hatte es auch mit dem Eckhaus in der Brandenburger Straße 163 gegeben. Jahrelang verfiel das Haus, bis es 2009 der gebbürtige Plötziner Christoph Schultze kaufen konnte. Er arbeitet bei der Landesbausparkasse Berlin und setzt hier sein erstes Projekte privat um. Das 1903 erbaute Haus stand vor dem Kauf fast leer: Die Bewohner mussten sich eine Etagentoilette teilen und sich im Winter am Ofen wärmen. Die vier Wohnungen und die beiden Geschäfte im Erdgeschoss sind mittlerweile hergerichtet, auch die Fassade ist fast fertig. An der Straße sollen noch zwei Balkone installiert werden.
Am Markt 11-14 sollen die Bauarbeiten im Winter abgeschlossen sein. Die sechs aufeinander abgestimmten neuen Häuser werden je zur Hälfte von der kommunalen Wohnungsgesellschaft HGW und von der Investorin Annette Gast, Eigentümerin des Hotels „Prinz Heinrich“, errichtet. Sie schafft hier Eigentumswohnungen, die zum Teil schon verkauft sind. Im westlichen Bereich baut die HGW 17 zum Teil altersgerechte Mietwohnungen sowie zwei Ladeneinheiten. Fördermittel gibt es für die Neubauten allerdings keine.
Tödtmann, der 13 Jahre lang die Sanierungen in Werder begleitet hat, verabschiedete sich gestern in den Ruhestand. Ein Großteil der Arbeit ist getan, resümierte er, auch wenn einzelne Gebäude wie die frühere Saftfabrik hinter dem Lendelhaus ihre Verjüngskur noch vor sich haben. Aber bis 2015 sollen noch Fördermittel fließen.
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