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Aus dem GERICHTSSAAL: Überfall nicht zweifelsfrei nachgewiesen Brutale Attacke gegen Werderaner bestritten

Aus dem GERICHTSSAAL Werder - Tatort: Baumblütenfest, kurz nach Mitternacht des 4. Mai 2003.

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Aus dem GERICHTSSAAL Werder - Tatort: Baumblütenfest, kurz nach Mitternacht des 4. Mai 2003. Ein VW-Bus mit Oranienburger Kennzeichen parkt am Straßenrand der Werderaner Eisenbahnstraße. In seinem Inneren fünf junge Männer, gut abgefüllt mit Obstwein. Ans Nachhausefahren ist nicht mehr zu denken. Also beschließt das Quintett, die Nacht im Auto zu verbringen. Eine Gruppe von zehn jungen Inselstadtbewohnern ist zur selben Zeit auf dem Heimweg. Der führt sie an dem Bus vorbei. Zwei Mädchen laufen voraus, werden aus dem Fahrzeug heraus angepöbelt und beschimpft. Erschrocken suchen sie das Weite. Alexander M. (27) steckt den Kopf ins Fenster des Busses, will die Oranienburger zur Rede stellen. Die klemmen den Vermessungsingenieur in der Scheibe fest. Torsten G. (26) eilt seinem Bekannten zu Hilfe. In diesem Moment fliegt die Tür des VW-Busses auf. Drei Personen stürzen sich auf die beiden Werderaner. Die zwei anderen schauen zu. Es hagelt Faustschläge. Torsten G. geht zu Boden, erleidet unter anderem eine Jochbeinfraktur, die ihm einen einwöchigen Krankenhausaufenthalt beschert. Danach wird der Zeitsoldat noch einen Monat krank geschrieben. Alexander M. bekommt einen Schlag auf die Lippe. Die platzt sofort auf, beginnt zu bluten. Bei dem Überfall verliert der stark Kurzsichtige seine Brille, kann die Angreifer nicht erkennen. Die zufällig am Ort des Geschehens vorbeifahrende Polizeistreife versäumt eine umgehende Gegenüberstellung der Kontrahenten. Erst Monate später werden die Opfer aufgefordert, die Schläger anhand von Fotos zu identifizieren. „Wir waren in keine Prügelei verwickelt. Das wüssten wir“, erklären die fünf angeklagten Oranienburger übereinstimmend vor dem Amtsgericht. Deshalb seien sie auch sehr verwundert gewesen, mitten in der Nacht von der Polizei geweckt zu werden. „Wir haben schon geschlafen“, beteuert Daniel M. (26). Die Beamten hätten sich weder vorgestellt noch gesagt, wieso sie die Personalien der Männer aufnehmen wollten. „Ich habe auch nicht gefragt, sondern war froh, dass ich nicht mit auf die Wache musste. Ich hatte nämlich keine Papiere dabei“, berichtet Steffen B. (25). Danach – so die Aussage der Angeklagten – hätten sie sich seelenruhig wieder in Morpheus Arme begeben. René D. (30), Berufskraftfahrer aus Potsdam, musste seinen BMW wegen der Schlägerei, die sich über die gesamte Breite der Eisenbahnstraße hinzog, stoppen. „Zwei Männer prügelten sich direkt vor meinem Wagen“, erinnert sich der Zeuge. „Zwei andere flogen über die Motorhaube.“ Aus Angst um sein Auto sei er ausgestiegen, habe dabei „auch gleich noch ein Ding verpasst bekommen“. Ob die Fünf auf der Anklagebank dabei waren, vermag er nicht zu sagen. „Der Fruchtsaft aus Werder war wohl nicht das Richtige für die Angeklagten“, konstatiert die Staatsanwältin. Ihrer Ansicht nach hat sich der Vorwurf der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung bestätigt. Dafür sollen die bislang nicht vorbestraften Oranienburger geharnischte Geldstrafen erhalten. Der Urteilsspruch der Richterin fällt überraschend aus. „Freispruch auf Kosten der Staatskasse“, verkündet sie. Obwohl vieles dafür spräche, dass die Angeklagten die brutale Tat in Werder begangen hätten, ließe sich ihre Beteiligung an der Prügelei nicht zweifelsfrei nachweisen. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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