Potsdam-Mittelmark: Unterirdisches Langzeitgedächtnis
Lässt der viele Regen den Grundwasserspiegel steigen? Getreidefelder wie Flüsse
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Potsdam-Mittelmark - „Den Straßenbäumen geht es in diesem Jahr sehr gut“, freut sich Ute Grams vom Teltower Bauamt. Noch im Jahr zuvor hätten viele Bäume auf die Hitzewelle mit vorzeitigem Laubabfall reagiert, erinnert sie sich. Doch in diesem Jahr würden die Schattenspender aufgrund ausgiebiger Niederschläge so viel Grün zeigen wie schon lange nicht mehr.
Dabei mutete der April bereits wie ein Hochsommer an, denn im sonst klassischen Regenmonat wurden in Potsdam nur 0,3 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Damit gehört der April 2007 mit Mitteltemperaturen von 11,7 Grad zum trockensten April-Monat seit 100 Jahren, wie die Webseite des Deutschen Wetterdienstes vermeldet. Diesem Rekord folgte sogleich ein weiterer: Der nasseste Mai seit Beginn der deutschlandweiten Wetterbeobachtung (1901). So wurde im Mai in Brandenburg die dreifache Regenmenge des sonst üblichen Monatsdurchschnittes gemessen und auch im Juni, dessen Mittelwert bislang bei 69 Litern lag, fiel mit 110 Litern fast das Doppelte an Niederschlägen. Damit wurden schon in der ersten Jahreshälfte Niederschlagsmengen erreicht, die bislang als Mittelwert eines Jahres gemessen wurden, sagte den PNN Hartmut Niesche von der Abteilung Wasserwirtschaft beim Brandenburger Landesumweltamt. Ob damit jedoch schon eine Kehrtwende zum bisherigen Rückgang des Grundwasserspiegels eingeleitet wird, bleibe abzuwarten. Denn der Regen, der zurzeit auf märkischen Boden fällt, würden zur Grundwasserneubildung erst in etwa sechs bis sieben Jahren beitragen, erklärte Niesche. Diese geringe Geschwindigkeit hänge nicht nur davon ab, wie weit der Weg der Niederschläge von der Bodenoberfläche bis zum Grundwasserspiegel sei, sondern auch von der Struktur des Bodens. So versickere das Wasser in Lehm wesentlich langsamer als in sandigen Böden. Die über Jahrzehnte aufgezeichneten Messwerte des Grundwasserspiegels würden einer Fieberkurve gleichen, an der man zeitversetzt die Zyklen von trockenen und niederschlagsreichen Jahren ablesen könne. Niesche: „Das Grundwasser gilt daher auch als Langzeitgedächtnis der Niederschlagsereignisse".
Laut Statistik ist Brandenburg das niederschlagsärmste Bundesland, das obendrein Sandböden hat, die kaum Wasser speichern können. Landwirte bekommen daher schon Probleme nach drei Wochen ohne Regen. Zudem gingen Klimastudien für Brandenburg bislang von rückläufigen Niederschlägen in den Sommermonaten aus. Doch der diesjährige Sommer kam bereits im Frühling und damit zu früh für das Getreide, das in dieser Phase gewöhnlich Fruchtstände ansetzt. „Für die Landwirte war es der Katastrophen-April und viele rechneten schon mit Totalausfall infolge der Dürre“, sagte der Sprecher des Landesbauernverbandes, Holger Brantsch, gegenüber den PNN. Nach der Trockenheit habe ein starker Wachstumsregen noch viele Ähren von unten nachwachsen lassen, was auch zu Zwiewuchs führte. Das heißt, Früchte unterschiedlichen Reifegrades wachsen an einem Halm, was die Ernte erheblich erschwere, erklärte Brantsch. Im Ergebnis habe das zu viel Blattmasse geführt, vor allem aber zu Qualitätsverlusten und geringeren Erträgen.
Ebenso müsse mit weniger Kartoffeln gerechnet werden, allerdings seien die Knollen dafür in diesem Jahr besonders groß geraten. „Dagegen sieht es beim Mais hervorragend aus, auf manchen Feldern wie in einem Dschungel.“ Auch Wiesen und Weiden sind nach dem trockenen April wieder ausgetrieben. Problematisch sei allerdings die Aufbereitung des Grünfutters, weil das noch zu feucht sei. Der Regen habe außerdem die Böden auf den Feldern derart aufgeweicht, dass die Mähdrescher regelrecht schlittern würden. Zudem habe Starkregen einige Flächen ausgespült. „Manche Landwirte stehen nun vor einem Fluss und mit dem Trecker traut sich auch keiner mehr aufs Feld“, so Brantsch. K.Graulich
K.Graulich
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