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Gelassene im Trab. Beim Spargelritt ging es durch die Feld- und Wiesenlandschaft Beelitzer Zauche.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Unterwegs mit einem PS

Der erste Klaistower Spargelritt war nichts für Schönwetterreiter. Wegen des Regens kamen nur zehn Reiter

Stand:

Hengst Gordon schlabbert genüsslich Wasser aus einer Badewanne und spritzt dabei kleine Wasserfontänen hinüber zu Stute Eileen. Gordon und Eileen waren am Samstagmorgen mit ihren Besitzern die ersten Pferde auf dem Parkplatz vom Spargel- und Erlebnishof Klaistow, dem Startpunkt zum ersten Spargelritt durch die Beelitzer Zauche-Landschaft. „Wir sind aus Seddin, das ist ja gleich um die Ecke“, erzählt die Besitzerin. Es ist kurz nach neun und die Teilnehmerzahl für den Ritt ist noch sehr übersichtlich. Marion Jende, die Initiatorin des Events, schaut sorgenvoll zum Himmel, aus dem die grauen Wolken fast herabzusinken scheinen. „Also, nach zehn soll es besser werden“, sagt sie und es klingt fast so, als müsste sie sich selber Mut machen.

150 Anmeldungen gab es in den letzten Wochen für den Ritt, der über die Spargeldörfer Busendorf, Kanin und Klaistow führen soll. Bis jetzt sind gerade einmal acht Pferde nebst Reiter angekommen. Es hat über Nacht geregnet und es fallen immer noch vereinzelt Tropfen. Wanderreiten – unterwegs sein im Einklang mit der Natur, das war die Idee, mit der Marion Jende Pferdesport und das Ende der Spargelernte verbinden wollte. Auch, um ein bisschen für die Region zu werben. Doch die Natur kann man nicht bestellen, blauen Himmel schon gar nicht. Vorsorglich wurde ein Reitergottesdienst eingeplant. Vielleicht auch um Petrus auf freundliches Wetter einzustimmen ? Immerhin ist die Kutsche pünktlich, in der Prominente mitfahren sollen, darunter auch Bürgermeister Bernhard Knuth.

Vorsichtig wird der Wagen vom Transporter gerollt, später werden ihn die beiden Friesen Whisky und Püppi ziehen. Doch die müssen zuvor noch ein mehrstufiges Kosmetikprogramm über sich ergehen lassen. Während Steffi Schmidt die beiden schwarzen Riesen striegelt, seufzt sie: „Friesen sind immer staubig, das ist wie mit einem schwarzen Anzug.“ Dann werden Schweif und Mähnen gebürstet und anschließend den Pferden die „Schuhe geputzt“. Dazu wird Huffett aufgetragen, damit die Hufe elastisch bleiben. Ganz zum Schluss werden die beiden noch eingesprüht mit einem Schutzmittel gegen lästige Insekten. Dieser letzte Programmpunkt scheint Whisky und Püppi nicht sonderlich zu behagen, vermutlich kitzelt der Duft in ihren Nasen, denn sie brummeln unwillig. Es müsse aber sein, redet die Besitzerin gut zu und streicht dabei beruhigend über Rücken und Schweif: „Damit die hier hinten nicht dauernd zu tun haben.“

Ortsvorsteher Matthias Gedicke ist eingetroffen. Eben habe er im Radio gehört, dass es nach 10 Uhr besser werden soll mit dem Wetter. Es ist kurz vor zehn und der Regen hat immerhin aufgehört. Gedicke weiß noch mehr, beispielsweise warum Klaistow, Kanin und Busendorf als die „drei sächsischen Dörfer“ bezeichnet werden. Hier war bis 1815 die preußische Grenze zum Kurfürstentum Sachsen. Im Kaniner Krug hätten sich früher Deserteure versteckt, die dem strengen preußischen Militär entgehen wollten. Doch die Wirtschaft war preußisch und die Fluchtwilligen somit in der Falle, erzählt der Ortsvorsteher, dass die Gegend auch für Schmuggler lohnend war. „Kaffeegrund“ heißt noch immer ein Waldgebiet, weil dort einst die begehrten Bohnen aus dem liberalen Sachsen unversteuert nach Preußen geschmuggelt wurden. Und der Ortsname Kanin, einst ein slawisches Dorf, bedeute so etwas wie Pferdehof, erzählt Gedicke. Noch heute gilt Beelitz auch als Stadt der Pferde, weshalb der Spargelritt gut passt.

Ein kleiner weißer Wirbelwind tollt am Wiesenrand, saust durch Pferdebeine hindurch und will sich nicht fangen lassen. Irgendwann kriegen die beiden Mädchen ihren Hund Niki doch noch zu fassen. Der Übermütige muss nun an die Leine und ihm steht ins Gesicht geschrieben, wie langweilig er das findet, den Pferden beim Schönheitsprogramm zusehen zu müssen. Zwei Reiter mit Hüten und langen Mänteln traben heran, ein Anblick, der gut zu einem Westernfilm passen würde. Es sind Ute Schüler und Birgit Groth mit ihren Pferden Scharifa und Filou. Ein lautes „Hallo-Gewieher“ fegt von allen Seiten über den Parkplatz. Die beiden Reiterinnen kommen aus Langerwisch und haben bereits einen zweistündigen Ritt hinter sich. Ute Schüler ist etwas enttäuscht, dass sich nicht mehr als zehn Pferde und deren Reiter eingefunden haben. „Wir sind hier als Helfer hergekommen, aber die Schönwetter-Reiter haben die Organisatoren im Stich gelassen“, ärgert sie sich.

Der Himmel hat etwas aufgeklart, als Pfarrer Andreas Uecker eine „zehnminütige Predigt im Galopp“ hält, in die er Bibelzitate einflechtet, die etwas mit Pferden zu tun haben, wie das vom Knecht auf hohem Ross. Spargelhof-Chef August Winkelmann, der das Event ein mutiges Vorhaben nannte, kann sich anschließend Gäste in seine Kutsche einladen, denn Bürgermeister Knuth und andere bekannte Gesichter sind nicht gekommen. Hinter den Friesen traben ruhig und gelassen noch 13 andere Pferde mit Reitern in die Feld- und Wiesenlandschaft hinein.

Kirsten Graulich

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