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Lichtglitzern in Schinkelkirche Petzow: Unvergängliche Vergänglichkeit

Lichterglitzern der Berliner Malerin Frauke Bohge in Petzows Schinkelkirche

Stand:

Werder (Havel) - Frischer Wind weht zur Mittagshitze in der Schinkelkirche Petzow durch einen starken Ventilator. Er wird die türkisgrünen Wellen und raffinierten Licht-Spiele auf den Bildern der Berliner Malerin Frauke Bohge kaum ausgelöst haben, denn sie waren vor ihm da. 13 davon sind im Auftrag der Kulturabteilung des Landkreises derzeit auf dem Grelleberg zu sehen, dazu ein paar blassfahle Aquarelle aus den Ostseelandschaften des Nordens.

Es sind also nicht die angekündigten „Berliner Persönlichkeiten“, die da in mehr oder oder weniger hellem Licht dahinschimmern, auch keine Stadtlandschaften aus der Metropole, wie man sie von Frauke Bohges Website kennt. Nein, es sind einfach schlichte Lichtreflexe auf meist dunklem Grund, und es sind schönbewegte Wellen aus dem Meere Irgendwo, zur gefälligen Betrachtung.

Man steht vor dem Flüchtigen an sich, wie man es von den Silhouetten her kennt, die „entstehen und vergehen“, Oder die Wellen im See. Ein Paradox: Hält man das Vergängliche fest, ist es nicht mehr vergänglich, tut man es nicht, so hat man kein Bild. Wer diesen Spagat schafft, ist wahrlich ein Künstler.

Bei Frauke Bohges Bildwerken ist man da nicht so sicher. Geht man in der Grelle-Kirche nach links, scheinen die lichtgetupften Bilder der rechten Seite wirklich ein wenig ins Flimmern zu kommen, geht man nach rechts, wogen die Wogen auf der gegenüberliegenden Seite. Aber eben nur, wenn man es weiß, und wohl auch will. Sonst eher nicht. Alles kommt aufs eigene Lichtlein an!

Die gebürtige Berlinerin spricht in ihren Statements vom Einfluss des Lichts auf ihre Wahrnehmung und Farbempfindung, vom „verschwenderischen Einsatz“ von Schwarz und Weiß in ihrer Bildästhetik, von Vorbildern wie Alberto Giacometti, und Christopher Lehmpfuhl aus Berlin. Schön, dass sie auch den großen Denker John Ruskin (1819–1900) kennt und versteht, der so viel über die moderne Malerei von damals schrieb.

Trotz alledem: So richtig doll ist es mit dem Empfinden beim Betrachten dieser Bilder nicht. Wahrscheinlich liegt es an der Bildauswahl. Eine unschuldige Imagination an x-beliebige „Berliner Persönlichkeiten“ entfachte mehr Lebhaftigkeit als dieses einsam-stille Lichterblinken und Wellenglitzern. Doch wer weiß, was da war, und wo besagte Persönlichkeiten so plötzlich abgeblieben sind. Kurz und gut, man will einfach nicht glauben, dass Frauke Bohge mit diesen Bildern hinreichend repräsentiert ist, denn im Internet ist Besseres von ihr zu sehen.

Anschauen kann man die Ausstellung mit ihren unterschiedlich großen Formaten natürlich trotzdem, schon wegen des verschwenderischen Umgangs mit Schwarz und Weiß, im Gedächtnis an Giacometti, wegen der Aquarelle, die vielleicht auf der zweimonatigen Umrundung der Ostsee entstanden sind. Und weil die Malerin das Paradox des Augenblicks genauso festzuhalten versucht, wie es Faust bei Goethe vorgemacht hat. Da wird nicht einer hinters Licht geführt.

Von den Wind- und Wasserspielen draußen zwischen Schwielow- und Glindower See passt das Lichterglitzern und Wellenblinken drinnen dann doch irgendwie. Doch letztlich hat die alte Dorf- und Schinkelkirche in ihren weltlichen Zeiten auch schon Besseres gesehen als solche Art von Reflex und Reflexion. Wie sagte der alte Weimarer doch einst so passend: „Wüsste nicht, was sie Besseres erfinden könnten, als wenn die Lichter ohne Putzen brennten.“ Gerold Paul

Bis 13. September in der Petzower Kirche, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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