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Potsdam-Mittelmark: Verdi-Sprecher: „Ausbildungsplatzabgabe ist auch nur Flickschusterei“

Zusätzliche Belastungen für mittelständische Unternehmer befürchtet / Lehrstellenmangel in Potsdam-Mittelmark so nicht zu beheben

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Zusätzliche Belastungen für mittelständische Unternehmer befürchtet / Lehrstellenmangel in Potsdam-Mittelmark so nicht zu beheben Potsdam-Mittelmark. Während in Berlin heiß über ein Bundesgesetz zur Einführung der sogenannten Ausbildungsplatzabgabe gestritten wird, sind sich Unternehmer und Gewerkschaften in Potsdam-Mittelmark einig: Die Ausbildungsplatzabgabe wird die Probleme in der Region nicht lösen – „nicht in zwei und wahrscheinlich auch nicht in zehn Jahren“, sagt Andreas Splanemann, Pressesprecher des verdi-Landesbezirks Berlin-Brandenburg. Schon seit Jahren wird diskutiert, ob und wie Betriebe, die nicht ausbilden, zur Kasse gebeten werden sollen. Auf Bundesebene will der Deutsche Gewerkschaftsbund unbedingt durchsetzen, dass es künftig eine Ausbildungs-Umlage gibt, über die die Kosten der Lehrstellen unter den Unternehmen neu aufgeteilt werden. So sollen auch Betriebe, die nicht ausbilden, einen Beitrag leisten und die Zahl der Lehrstellen an die Nachfrage angepasst werden. „Ich kann die Unternehmer verstehen, die eine zusätzliche Belastung fürchten“, zeigt Splanemann Verständnis für die mittelständischen Betriebe in Potsdam-Mittelmark. Doch das Grundproblem liege nicht bei den „Kleinen“, sondern bei den „Großen“. Unternehmen, die in den Vorjahren im Land Brandenburg sehr viele Ausbildungsplätze angeboten hätten, wie Krankenkassen, Krankenhäuser oder Verkehrsbetriebe, hätten sich jetzt massiv zurückgezogen. „Es gibt hier einfach nicht genügend Arbeitsplätze und damit auch nicht ausreichend Lehrstellen. In unserer Region scheint das gesamte System zusammenzubrechen“, sagt Splanemann. Noch skeptischer als der Gewerkschafter stehen die mittelmärkischen Arbeitgeber der Ausbildungsplatzabgabe gegenüber: „Wir lehnen diese Sondersteuer konsequent ab“, sagt Klaus Windeck, Präsident der Handwerkskammer Potsdam. Und das obwohl er mit seinen 101 Mitarbeitern, davon 24 Lehrlingen, voraussichtlich von einem solchen Beschluss profitieren würde. „Wir sprechen hier von einer zusätzlichen Belastung für Arbeitgeber und für eine unnötige Bürokratie, die damit entstehen würde, ohne dass damit mehr Ausbildungsplätzen entstehen würden“, erklärt Windeck. Das sei die falsche Politik, um Mittelständler zu begeistern, mehr Ausbildungsplätze anzubieten. „Was sollen wir denn machen, wenn es keine Jobs gibt?“, fragt Windeck. Nur über eine höhere Nachfrage würden auch mehr Arbeits- und damit auch Ausbildungsplätze entstehen. „Ich bilde schon seit Jahrzehnten aus, dieses Jahr habe ich fünf neue Lehrlinge eingestellt – und nun soll ich bestraft werden, wenn ich aus wirtschaftlichen Gründen mal niemanden einstellen kann oder wenn ich einfach keine geeigneten Bewerber finde“, ärgert sich der Kammerpräsident. Auch das in Brandenburg praktizierte kooperative Modell, bei dem zusätzliche Lehrstellen, über Landeszuschüsse finanziert werden, verschleiert für Windeck nur das eigentliche Problem. „Auch ich habe zwei für mich kostenlose Lehrlinge, die aus dem Fonds des kooperativen Modells bezahlt werden.“ Schließlich sei es normal, wenn aus solchen Angeboten Vorteile geschöpft würden, „aber mit Geld kann man die Leute auch verderben.“ Das kooperative Modell stößt ohnehin an seine finanziellen Grenzen, wie Günter Baaske, Brandenburgs Arbeits- und Sozialminister, Mitte Oktober in der RBB-Sendung „Vor Ort“ zu bedenken gab: „Bisher fließen Zuschüsse von Bund und EU in Millionenhöhe, um die jährliche Lehrstellenlücke zu schließen. Das wird so nicht weitergehen können“, machte Baaske vor der Kamera deutlich. Diese Minister-Linie wird dabei nicht nur von Windeck, sondern auch von verdi-Sprecher Splanemann geteilt: „Das kooperative Modell wurde ursprünglich als Notlösung eingerichtet. Jetzt sind wir dabei es zu einer Dauereinrichtung zu machen“, sagt Splanemann. Und auch die geplante Ausbildungsplatzabgabe werde zumindest im Land Brandenburg nicht den gewünschten Erfolg bringen. „Das ist nur Flickschusterei“, so der verdi-Sprecher. M. Kaczmarek

M. Kaczmarek

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