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Potsdam-Mittelmark: Vergessenes Glück

Lyonel Feiningers Bild „Teltow II“ findet seinen Weg zum Entstehungsort - zwar in Kopie, aber zum Verkauf für einen guten Zweck

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Teltow - Er muss auf einer Leiter gestanden haben, vielleicht auf einem Dach. Mit Sicherheit stand Lyonel Feininger vor 90 Jahren in der Teltower Ritterstraße ziemlich hoch, gleich neben dem Pfarrhaus der St. Andreaskirche, als er sein bekanntestes Gemälde entstehen ließ: „Teltow II“ – ein Vorbild für viele Künstler des Bauhausstils. So verdankt Teltow dem Experimentierlust des Malers Feininger einen internationalen Namen in der Kunstgeschichte. Mit geraden Linien zeichnete Feininger im Jahr 1918 die Konturen des Kirchturms und der Teltower Altstadt. Gestern nun war es der Landtagsabgeordnete Jens Klocksin (SPD), der das Bild mit Hilfe von Freunden und Sponsoren, an seinen Entstehungsort zurückbrachte – zumindest in originalgetreuer Kopie, für jeden erhältlich, für einen guten Zweck.

„Wir hatten Glück“, so Klocksin gestern bei der Präsentation der Plakate im Teltower Marriot Hotel, „dass Feininger durch Teltow wanderte“. Es war Karl-Friedrich Schinkels Turm der Andreaskirche, der es dem Sohn deutscher Musiker angetan hatte. Denn bereits 1914 versuchte sich Feininger das erste mal am Teltower Stadtbild. Doch der als selbstkritisch geltende Maler verwarf die Federzeichnung, genannt „Teltow I“, um später erneut anzusetzen. So entstand sein „Schlüsselbild – ein Quantensprung der Kunst“, erklärt Klocksin, der sich eingehend mit der Geschichte des Künstlers befasst hat. Eifrig kramte der Abgeordnete gestern vor der Presse in verschiedenen Kunstbänden und warb für Feiningers Bild. Über Jahrzehnte hinweg sei der Maler aus dem kollektiven Gedächtnis der Teltower verschwunden, dabei hing Feiningers Gemälde im „Nachbarort“ in der Neuen Nationalgalerie Berlins – inzwischen lagert es dort im Depot. Er war ein „vielfältigen Maler, ein Großer der internationalen Kulturszene“, den es durch Zufall nach Teltow verschlug, so Klocksin. Nun müsse man den Künstler der Region näher bringen und vielleicht versuchen, das Original als Leihgabe ins Teltower Rathaus zu bringen. Seine Plakate sollen motivieren.

Der 1871 in New York geborene Feininger kam erst im Alter von 16 Jahren bei einer Konzertreise seiner Eltern zum ersten Mal nach Deutschland, studierte aber bereits ein Jahr später in Berlin. Später arbeitete er hier als Illustrator und Karikaturist für verschiedene deutsche, französische und amerikanische Zeitschriften. Feininger wohnte nur einen Spaziergang von Teltow entfernt im Berliner Königsweg. Als einer der ersten verpflichtete ihn Walter Gropius ein Jahr nach „Teltow II“ als Meister des Staatlichen Bauhauses in Weimar. Im Sommer 1937 emigrierte Feininger in die USA – in Deutschland zählte seine Kunst zu dieser Zeit als „entartet“. 1956 starb Feininger in New York.

1,25 Meter breit sind die in Italien gedruckten Kopien, einen Meter hoch. Eine Seltenheit – sonst sei ein Nachdruck kleiner als das Original, erklärt Ulrich Hopp vom be.bra Verlag, der das Bild verlegt: „Wir saßen anfangs über einer Postkarte“. Nun werden 1500 der Plakate im Teltower Heimatverein und im Tourismusbüro für je 10 Euro verkauft. Der Erlös, so Klocksin, geht an den Kirchenverein, um die Andreaskirche, so wie auf Feiningers Bild, wieder über Teltow erstrahlen zu lassen.

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