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Potsdam-Mittelmark: Verständis für Bauern

14. Landpartie rund um Beelitz zwischen Preisdruck, Milchboykott und Familientreffen

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Beelitz - Es schon fast ein Besuch bei Freunden: Ein mal im Jahr schauen Eveline und Dieter Fiedler auf dem Zauchwitzer Spargelhof Syring vorbei, trinken hier Kaffee, schauen, wie sich der Betrieb entwickelt hat – und nehmen am Ende ein paar Kilo Spargel mit nach Hause. Seit der Wende fahren die beiden Westberliner regelmäßig raus aufs Land „und hier werden wir mittlerweile schon mit Namen begrüßt“. So wie die Fiedlers wurden viele Städter am Wochenende von der Landlust gepackt: Zur 14. Brandenburger Landpartie hatten landesweit hunderte Höfe ihre Türen geöffnet. Auch in Beelitz boten Betriebe ihren Gästen einen Blick hinter die Kulissen.

Stammkunden gebe es in Zauchwitz mittlerweile viele, berichtet Karl-Ludwig Syring, „und manche kennen die Geschichte des Hofes besser als ich“, setzt er augenzwinkernd hinzu. An jedem Wochenende in der Saison ist der Betrieb an der Straße nach Trebbin für Besucher geöffnet, mit Gastwirtschaft, Hofladen und Streichelzoo. Gestern gab es zudem ein buntes Programm mit dem Blasorchester Buchholz, Westernreiten mit der Familie Stanski-Ramelow und einer Technik-Schau.

Dank solcher Veranstaltungen und der Direktvermarktung ist das Supermarktregal längst nicht mehr die einzige Schnittstelle zwischen Bauern und Konsumenten. Man kommt sich näher – und das bedeutet auch Verständnis für die Situation der Landwirte. Steigende Düngemittel- und Treibstoffpreise, sinkende Erlöse für die eigenen Produkte, und eine EU-Förderpolitik, die insgesamt verlässlicher sein müsste – Syring muss tief Luft holen, um sämtliche Probleme aufzuzählen. Auf 850 Hektar werden hier in erster Linie Getreide und Spargel, aber auch Raps und Kürbisse angebaut. Zwar gibt es Ausgleichszahlungen für die mindere Bodenqualität in der Region - „aber auch das ist hart erarbeitetes Geld“, stellt er klar. Eine Botschaft, die an diesem Tag auch die Besucher mitnehmen.

Um „Werbung für die Branche“ geht es auch Landwirt Lutz Rabe, der im Beelitzer Gemeindeteil Körzin einen Biohof betreibt. Nur vor Ort könnten die Menschen sehen, wie viel Arbeit in Erzeugnissen wie Milch, Butter und Getreide steckt. Nachdem die Milchpreise dieser Tage den Tiefpunkt erreicht hatten, waren auch die Beelitzer Bauern auf die Barrikaden gegangen. Anfang Juni hatten sie in der hiesigen Aldi-Filiale sämtliche Milchprodukte aufgekauft und für einen wohltätigen Zweck gespendet. Mehr als eine solche symbolische Aktion sei aber nicht möglich, „einen Boykott an sich kann sich hier eigentlich niemand leisten“. Immerhin: die Resonanz der Kunden sei durchweg positiv gewesen. 150 Rinder stehen bei Familie Rabe im Stall, davon 70 Milchkühe. Für die Biomilch gebe es von der Molkerei zurzeit 42 Cent pro Liter - etwas mehr als für die Milch aus konventioneller Produktion, aber immer noch zu wenig, um rentabel wirtschaften zu können. Als Biobauer sei er nicht besser gestellt als die Kollegen: 200 Hektar Weideland bewirtschaftet er, 80 Prozent davon liegen im Naturschutzgebiet. Während andere Bauern also längst den ersten Schnitt Heu eingebracht haben, darf Lutz Rabe erst seit heute mit dem Traktor - und den Kühen - auf die Wiesen.

Heimatverbundenheit und eine große Portion Idealismus - das seien die Antriebsfedern in der Landwirtschaft. Und zumindest in Körzin steht schon die nächste Generation in den Startlöchern: Tochter Anja Rabe studiert zurzeit Agrarmanagement in Dresden. Die Entscheidung dafür sei auf einer Ausbildungsmesse gefallen. Sie sieht die Vorzüge: „Teil des Studiums ist die praktische Arbeit in Partnerbetrieben, nicht nur graue Theorie.“ Zudem sei sie sicher, in dieser Branche später auch einen Arbeitsplatz zu bekommen. Thomas Lähns

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