zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Vom Computerfachmann zum Kinderschuhverkäufer

Aus Angst vor Hartz IV haben zwei arbeitslose EDV-Experten in Stahnsdorf einen Kinderladen aufgemacht

Stand:

Aus Angst vor Hartz IV haben zwei arbeitslose EDV-Experten in Stahnsdorf einen Kinderladen aufgemacht Stahnsdorf - Als Bernd Kretschmanns Kinder noch klein waren, war das Einkaufen noch einfacher: Mama oder Papa suchten aus, wenn die Hose oder Jacke passte, wurde sie gekauft. „Heute“, sagt Kretschmann, „wollen die Kinder immer früher mitbestimmen.“ Kretschmann ist eigentlich Online-Programmierer. Vor zwei Monaten hat er mit einem befreundeten – ebenfalls arbeitslosen – EDV-Experten in Stahnsdorf einen Laden für Kindersachen aufgemacht. Die zumeist weiblichen Kunden schauen zwar manchmal etwas verwundert, wenn sie rein männlich geführten Laden betreten. Denn Kretschmann (50) und sein Kompagnon Richard Tryzna (52) machen vom Einkauf bis zum Verkauf alles selbst. Aber inzwischen wissen die beiden Jungunternehmer schon ganz gut, worauf die Kinder stehen: viele Details wie abnehmbare Taschen, Reißverschlussgriffe aus Gummi, Aufdrucke. Und freundlich sein können sie auch. Kennen gelernt haben sie sich bei einer Fortbildung zum SAP-Programmierer in Berlin. Als die losging, gab es da noch Jobs. Danach habe er viele Bewerbungen geschrieben, erzählt Kretschmann, und immer hieß es: drei Jahre Erfahrung im Job notwendig. Tryzna ging es nicht anders. Und so kamen die beiden zu dem Schluss: „Die einzige Chance, nicht in Hartz IV zu rutschen, ist sich selbstständig zu machen.“ Der Laden war eigentlich erst der zweite Schritt. Zuerst schauten sie sich im Internet um und bemerkten einen großen Bedarf an Kindersachen. Dann fiel ihnen auf, dass es gute polnische Hersteller gibt, die noch nicht auf dem deutschen Markt vertreten sind. Zwar produzieren zum Beispiel die meisten deutschen Kinderwagenhersteller inzwischen auch im Ausland, aber zu deutlich höheren Preisen. Für zwei solcher polnischen Hersteller haben Tryzna und Kretschmann jetzt die deutschen Exklusivrechte und suchen nach Läden, die sie in ihr Sortiment aufnehmen. Außerdem vertreiben sie ihre Ware im Internet. Mit dem Laden in Stahnsdorf wollen sie die Ware testen, Erfahrung sammeln und Kapital erwirtschaften. Viel Zeit bleibt aber nicht, Neulinge auf dem Markt bekommen bei Banken keinen Kredit, wie die beiden erfahren mussten, also liehen sie sich das nötige Startkapital privat zusammen. Normalerweise brauche man rund ein Jahr, um als Existenzgründer Fuß zu fassen, so die Faustregel, die Bernd Kretschmann öfter gehört hat. „Wir haben aber nicht so viel Zeit, wir müssen das in den nächsten zwei Monaten schaffen.“ Volker Eckert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })