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Potsdam-Mittelmark: Vom Ehrenamt in die Profiliga

Wilhelmshorsts Bürgermeister Gerd Sommerlatte will an die Spitze der Großgemeinde Michendorf

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Wilhelmshorsts Bürgermeister Gerd Sommerlatte will an die Spitze der Großgemeinde Michendorf Von Henry Klix Amt Michendorf. Er scheut die Kontroverse nicht, ist ein Freund treffender Worte und beugt sich, wenn“s hart auf hart kommt, eher dem artikulierten Bürgerwillen als der Mehrheit der Gemeindevertretung. So ist Bürgermeister Gerd Sommerlatte während seiner 5-jährigen Tätigkeit bei vielen Wilhelmshorstern populär geworden. Jetzt will der 55-jährige Versicherungskaufmann vom Ehrenamt in die Profiliga wechseln: Die neu gegründete „Unabhängige Wählergemeinschaft“ (UWG) hat ihn am Mittwochabend mit 41 Stimmen bei einer Enthaltung zu ihrem Bürgermeisterkandidaten für die mit der Kommunalwahl im Herbst entstehende Großgemeinde Michendorf gekürt. Es ist noch gar nicht lange her, dass Sommerlatte seinen letzten Bürgermeisterwahlkampf führte: Vor anderthalb Jahren war er von seinem Posten zurückgetreten, um sofort erneut zu kandidieren und mit 62,2 Prozent im Amt bestätigt zu werden. Mit diesem Verfahren war er erfolgreich dem knappen Mehrheitswillen der Gemeindevertretung entgegen getreten, im Zuge der Gemeindereform nach Partnern für einen freiwilligen Zusammenschluss zu suchen. Fast hat man den Eindruck, als wenn mit Sommerlatte nochmal zur Gemeindereform abgestimmt werden kann. Denn selbst nach der Zurückweisung der Eilklagen „gallischer Dörfer“ sind für ihn beim Thema „Selbstständigkeit“ nicht alle Messen gesungen. „Im Hauptsache-Verfahren wird erst im nächsten oder übernächsten Jahr vom Verfassungsgericht entschieden“, unterstreicht er. Dann könnte bei der Zwangsfusion des Amtes Michendorf verlorenes, altes Gemeindeterrain womöglich zurückerobert werden. Insofern sei auch das Wahlprogramm der UWG, das seinen Leitlinien als Bürgermeisterkandidat entspricht, ein Kompromiss. „Wir wollen nichts tun, was eine Rückkehr in die alten Strukturen verhindern könnte.“ An erster Stelle steht für ihn da die Einbeziehung der neuen Ortsbeiräte. Es dürfe nichts gegen ihren Willen geschehen. Mit Kitas, Schulen, Feuerwehren und Vereinen seien alle Einrichtungen in den Ortsteilen zu sichern, wobei der Blick für eine Zusammenarbeit etwas geweitet werden sollte. Sommerlatte spricht in diesem Zusammenhang an, dass die Fußballer des neu gegründeten SV Wilhelmshorst 01 e.V. nicht auf dem Michendorfer Sportplatz trainieren dürfen, sondern ins Nachbaramt nach Saarmund müssen. Übergreifender müsse aber auch gedacht werden, wenn es um das Thema Verkehrsentwicklung geht: Sommerlatte fordert ein abgestimmte Verkehrskonzept von Potsdam und Potsdam-Mittelmark. Die geplante Michendorfer Umgehungsstraße sei ein Beispiel dafür, dass vieles in der Landeshauptstadt und im Landkreis aneinander vorbei geplant werde. Wenn Sommerlatte von der Michendorfer Amtsverwaltung spricht, so gibt es zwar harsche Kritik zum „Schubladendenken, das sich ändern muss“ und „einzelnen Mitarbeitern, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben“. Über Amtsdirektorin Cornelia Jung verliert der Wilhelmshorster aber kein schlechtes Wort: „Sie gibt sich große Mühe, aber allein und mit wenigen Unterstützern in der Verwaltung kann sie es nicht schaffen.“ Warum man als UWG nicht ihre Kandidatur als Bürgermeisterin unterstützt? Der Bürgermeister müsste mehr „Vordenker“ als „Verwalter“ sein, antwortet Sommerlatte. Hierzu seien andere Qualitäten erforderlich als eine fundierte Verwaltunsgausbildung. Vom Oberhaupt der Großgemeinde müsse Integrationskraft ausgehen. „Wir haben die Chance, dass jemand aus der Region an der Spitze steht, die sollten wir auch nutzen.“ Sommerlatte hat seit 1987 ein Grundstück in Wilhelmshorst gepachtet, seit 1993 hat der in dritter Ehe lebende, gebürtige Dessauer seinen festen Wohnsitz in der Waldgemeinde. Seine Vita sorgt gelegentlich für Gesprächsstoff im Ort: Der Vater dreier Kinder war in der DDR ein nicht unbekannter Radsportler. 1972 war er sogar bei den Olympischen Spielen in München dabei. Aus seiner anschließenden Karriere im „Staatsapparat“ macht er keinen Hehl: Nach der Tätigkeit als 1. FDJ-Kreissekretär von Prenzlauer Berg folgte die Parteihochschule. Seit 1983 war Sommerlatte Sekretär für Agitation und Propaganda in der SED-Kreisleitung des Berliner Stadtteils. Nach der Wende schlug sich der Diplom-Ingenieurökonom als Abteilungsleiter eines technischen Dienstleistungsunternehmens durch, bevor er 1993 in die Versicherungsbranche wechselte. In seiner Vertretung arbeiten inzwischen sein Sohn Dirk Sommerlatte und seine Frau Bettina Sommerlatte-Hennig, die übrigens als UWG-Gemeindevertreterin antreten möchte. Fragen zu seiner Vergangenheit begegnet Gerd Sommerlatte ohne Umschweife: Nicht alles an der DDR sei schlecht gewesen, auf unteren Parteiebenen habe man sich oft ehrlich um die Verbesserung der Lebensverhältnisse bemüht und gegen Reglementierungen von oben angekämpft. An seine Zeit als FDJ-Kader denkt er sogar recht gern zurück: Die gute Stimmung, die es damals bei Großveranstaltungen gab, sei durchaus nicht verordnet gewesen, wie heute teils suggeriert werde. Zur PDS hat Sommerlatte derweil ein recht differenziertes Verhältnis: 1990 trat er aus, weil er die heutigen Entwicklungen damals schon voraus geahnt habe. „Die finden keine gemeinsame Linie.“ Als man ihn im vorigen Jahr als eloquenten Kommunalpolitiker zum Kreisparteitag einlud, ging er dennoch hin – nahm aber kein Blatt vor den Mund: Er kritisierte scharf, dass die Kreis-PDS durch die Koalition mit der SPD bei vielen Fehlentscheidungen des Landkreises mit im Boot saß, wie beim Neubau des Landratsamtes in Belzig. Einen politischen Schnitt darf man Sommerlatte abnehmen, er ist seit Jahren als scharfer Kritiker jeglichen Parteiendünkels bekannt. Als 1993 die „Initiativgruppe Wilhelmshorst“ (IGW) aus der Taufe gehoben wurde, gehörte er zu den Gründern. Auch in der gemeindeübergreifenden, Unabhängigen Wählergemeinschaft gibt man sich überparteilich – die Idee der neuen Listenvereinigung war ja, die unabhängigen Kräfte zu bündeln. So sitzen neben der IGW auch die Fresdorfer- und Langerwischer Bürger mit im Boot, die beide seit Jahren die Bürgermeister ihrer Orte stellen. Aus allen drei Gemeinden finden sich Vertreter auf der Kandidatenliste für die Gemeindevertreterwahl, die ersten drei Plätze nehmen die Bürgermeister ein. Mit Interessenten aus Stücken, Wildenbruch und Michendorf würden die Gespräche noch laufen. Sommerlatte kann sich zudem vorstellen, mit der in diesen Gemeinden vertretenen Bürgerliste / FDP im künftigen Gemeindeparlament zusammen zu arbeiten.

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