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Potsdam-Mittelmark: Vom Gehbus bis zur Rentnertaxe

Kreisentwicklungsforum: Lob für Havelbus und neue Ideen für künftige Verkehrsentwicklung im Kreis

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Potsdam-Mittelmark - Das Fundament ist gelegt, jetzt geht es an die Feinarbeit: Der Landkreis soll in den kommenden Jahren verstärkt Lücken im Radwegenetz schließen, Umsteigepunkte zwischen Auto, Bus und Bahn ausbauen und den mittlerweile erreichten Standard beim Öffentlichen Personennahverkehr halten. Das ist das Ergebnis des Kreisentwicklungsforums, zu dem das Landratsamt am Samstag in die Heimvolkshochschule am Seddiner See eingeladen hatte. Unter der Überschrift „Mobilität heute und morgen“ haben Vertreter aus den Kommunalverwaltungen, Abgeordnete und Bürger zum Thema Verkehr diskutiert.

Für die Havelbus-Gesellschaft gab es bei dieser Gelegenheit viel Lob: Herbert Staadt, Professor für Verkehrsentwicklung an der Fachhochschule Potsdam, bescheinigte dem kreiseigenen Unternehmen ein gutes Angebot. So seien viele Linien auf den Zugfahrplan ausgerichtet, es werde oft im Takt gefahren und auch Alternativen wie Ruf- und Bürgerbusse gebe es in der Mittelmark. Der Landkreis wiederum aktiviere mit dem Bahnhof Belzig eine wichtige Schnittstelle zwischen Auto-, Rad-, Wander- und Bahnstrecken. Allerdings sei das alles auch noch ausbaufähig, bemerkte Staadt. Hendrik Reinkensmeier, Direktor des Wolkenberg-Gymnasiums in Michendorf, lobte den „außerordentlich guten“ Schülerverkehr: Sogar aus den Nachbarlandkreisen könnten die Gymnasiasten jeden morgen anreisen. „Sichern Sie auch weiterhin die Finanzierung“, so seine Bitte an die Abgeordneten.

Kritik an Havelbus kam indes aus der Region Teltow. „Nur acht Prozent unserer Einwohner nutzen den ÖPNV, und das liegt an der Qualität“, bemängelte Karl-Peter Weiß, sachkundiger Bürger im Innenausschuss des Kreises. Er forderte, die Leute vor Ort bei der Planung des Verkehrsnetzes einzubinden. Immerhin: In der Region Teltow fahren die Busse mindestens im 20-Minuten-Takt und jeder Bahnhof werde angefahren, hielt Havelbus-Geschäftsführer Dieter Schäfer dagegen. In den Peripherie-Gemeinden könne man davon nur träumen, wie ein Bürger aus Kloster Lehnin bekräftigte.

Die Möglichkeit, ihr Fahrrad im Bus mitzunehmen, forderte eine Einwohnerin der Gemeinde Beetzsee. Die gebe es, so Schäfer: Zwei Räder pro Bus könnten mitgenommen werden. Dass jedoch auch noch Anhänger angeschafft werden, um mehr Drahtesel auf den Linien mitnehmen zu können, sei aus Kostengründen kaum vorstellbar. Generell wolle Havelbus aber die Mobilität auf dem Lande erhöhen. Und Rufbusse seien dafür besonders geeignet. Der Beelitzer Rufbus fährt seit Dezember und ersetzt den Linienverkehr auf den Nebenstrecken im Südwesten der Stadt. Fünf bis sechs Fahren würden täglich auf Anfrage unternommen, bis zu acht Fahrgäste bringe man dabei ans Ziel, bilanzierte der Havelbus-Chef. Große Busse wären bei solchen Zahlen gar nicht finanzierbar.

Beim Zugverkehr drückt den Mittelmärkern in einem Punkt besonders der Schuh: Die Anbindung an den künftigen Großflughafen Schönefeld. Vertreter aus Michendorf und Teltow forderten, dass die Regionalbahnlinie 22 auch künftig in ihren Orten hält. Das ist ab 2012 nicht mehr vorgesehen. Im Hinblick auf die Radwege gab es nur punktuell Verbesserungsvorschläge, unter anderem für eine neue Strecke zwischen Fichtenwalde und Busendorf. Insgesamt waren die Ideen vielfältig: Vom „Gehbus“ für Schüler – eine Aufsicht holt die Knirpse ab und bringt sie zu Fuß in die Schule – bis hin zum Taxiticket für Senioren, an dem sich auch die Krankenkassen beteiligen. Verwaltungsspitze und die Chefs der Kreistagsfraktionen verhandeln in den nächsten Wochen über die Vorschläge aus dem Forum. Am Ende soll der Entwurf für den jährlichen Strategiebeschluss und damit die Grundlage für die weitere Haushaltsplanung stehen.

Allerdings wurde auch klar, dass nur ein persönliches Umdenken die Menschen in der Mittelmark zum Umstieg vom Auto auf Rad, Bus und Bahn bringen kann. Die Vorschläge von Herbert Staadt wurden dabei durchaus kontrovers diskutiert: Kein Bau neuer Straßen mehr und ein strenges Tempolimit auf den vorhandenen. Thomas Lähns

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