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Cornelia Möller (r.) kümmert sich in der Wohngemeinschaft in Teltow um acht Senioren, unter anderem um die 82-jährige Brigitte Hinz. Sechs Stunden verbringt sie täglich mit den Rentnern, kocht und spielt Gesellschaftsspiele.

© Johanna Bergmann

Teltow: Vom Jobcenter in die Rentner-WG

Cornelia Möller hat durch spezielle Förderung einen neuen Job gefunden. Für die 52-jährige Teltowerin war der Weg zurück in den Arbeitsmarkt allerdings nicht einfach.

Von Enrico Bellin

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Teltow - Für acht Senioren in einer Wohngemeinschaft kochen, einkaufen und die Freizeit gestalten: Für die Teltowerin Cornelia Müller ist das seit knapp einem halben Jahr Alltag. Die 52-Jährige arbeitet seit August 2015 als Pflegehelferin bei der Medikus gGmbH in der Mahlower Straße, vorher war sie eineinhalb Jahre arbeitslos. Durch das Programm „Perspektive 50 Plus“ der Bundesregierung konnte Möller gezielt vermittelt werden.

„Mir war klar, dass ich gern mit älteren Menschen arbeiten will“, sagt Möller beim Pressegespräch am gestrigen Mittwoch. Daher habe sie sich für einen Job auf dem Bethesta-Campus in der Mahlower Straße mit mehreren Senioren-Wohngemeinschaften und Tagespflegeeinrichtungen beworben. „Eine Woche nach meinem 50. Geburtstag habe ich von der mittelmärkischen Arbeitsagentur einen Brief erhalten, dass ich in das Programm 50 Plus aufgenommen werde.“

Geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Möller hat keine Berufsausbildung, ohne spezielle Förderung waren ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt eher gering. „Nach der Schule wollte ich eine Ausbildung als Köchin machen und hatte mir auch eine Lehrstelle besorgt, doch meine Mutter wollte den Ausbildungsvertrag nicht unterschreiben.“ Möller, die im kleinen Dorf Birkenhain hinter dem Teltower Regionalbahnhof aufgewachsen ist, sollte lieber gleich Geld verdienen und die Familie unterstützen. So schlug sie sich neben der Erziehung der beiden Kinder in mehreren Großküchen und mit Fließband-Jobs durch, zuletzt bei einem Caterer, bis dieser Teltow verließ und sie arbeitslos wurde.

„Mit mehr als zehn Jahren, die Frau Möller noch im Berufsleben bleiben wird, ist sie ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Integration älterer Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt“, sagt Bernd Schade, Fachbereichsleiter des mittelmärkischen Jobcenters Maja. Er finde es schade, dass die Bundesregierung das Förderprogramm „Perspektive 50 Plus“ zum Jahresende nach zehn Jahren eingestellt habe. „Wir konnten dadurch neun zusätzliche Mitarbeiter im Jobcenter finanzieren, die sich im Schnitt um 100 Kunden kümmern konnten.“ Normalerweise kümmere sich ein Mitarbeiter um etwa 220 Arbeitslose. Durch das Programm sei eine wesentlich intensivere Betreuung der älteren Arbeitslosen möglich geworden. Seit Jahresbeginn kümmern sich die 180 Mitarbeiter der Maja nicht mehr speziell um Menschen über 50 Jahren. „Natürlich werden ihnen trotzdem noch Weiterbildungen angeboten“, so Schade. Er sei sich zudem sicher, dass die schwarz-rote Bundesregierung in einiger Zeit ein ähnliches Programm erneut auflegen werde.

Wegen Krankheit: In der Probezeit entlassen

Arbeitslose über 50 Jahre, die im Landkreis 36,3 Prozent aller Arbeitssuchenden ausmachen, sind Schade zufolge mit ihrer Lebenserfahrung für Arbeiten im sozialen Sektor teilweise besser geeignet als Jüngere. Manche Arbeitgeber hätten trotzdem Bedenken, ältere Mitarbeiter einzustellen, da sie tendenziell öfter krank seien. Auch Cornelia Möller hatte es in ihren 18 Monaten Arbeitslosigkeit kurzzeitig bei einem anderen Pflegeanbieter in Teltow probiert, wurde jedoch während der Probezeit entlassen, da sie krank geworden war.

Mit der Betreuung durch das Arbeitsamt sei Möller zufrieden. „Es gab aber auch Jobvorschläge, die einfach nicht machbar waren.“ So sollte sie für nur zwei Stunden täglich in Küchen oder als Reinigungskraft arbeiten, dazu an wechselnden Einsatzorten mit langen Fahrwegen. „Mindestens sechs Stunden am Tag wollte ich schon wieder arbeiten.“

Wichtig für das eigene Lebensgefühl

Manuela Rose, Betreuungsleiterin bei Medikus, ist mit der Arbeit von Cornelia Möller bisher zufrieden. „Derzeit suchen wir nach einer Stelle für einen 200-stündigen Kurs, nach dem Frau Möller dann ausgebildete Altenpflegehelferin wäre.“ Zwar habe sie in der Praxis schon viele Erfahrungen gemacht und sei auch theoretisch angelernt worden. Dann könnte sie jedoch mehr Tätigkeiten wie die Dokumentation der Pflege selbst übernehmen. „Derzeit ist immer noch eine Fachkraft vor Ort, die im Notfall gerufen werden kann“, so Rose. Den Kurs finanziert die Medikus gGmbH selbst, noch bis Monatsende zahlt die Maja aber die Hälfte des Gehaltes.

Für Cornelia Möller war der Umstieg von Großküchen und Arbeitslosigkeit in die Rentner-WG ein wichtiger Schritt. An schlimme Erlebnisse während der Einarbeitung kann sie sich nicht erinnern. „Ich wusste ja, was auf mich zukommt.“ Ihre Mutter lebt im Pflegeheim auf dem Campus. Zwar benötigen sie und ihr Mann auch künftig zusätzliche Leistungen vom Jobcenter, da ihr Mann seit vier Jahren krankgeschrieben ist und ihr Gehalt für beide nicht ausreicht. „Für mein eigenes Lebensgefühl ist es aber wirklich wichtig, hier wieder eine sinnvolle Arbeit zu haben.“

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