
© Manfred Thomas
Potsdam-Mittelmark: Vom Schrott zum Glanz
Jugendliche haben aus alten Mopedteilen eine neue Simson S 51 zusammengeschraubt
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Schwielowsee - Mit einem Tritt auf den Kickstarter ging es über die Dörfer. Der Fahrtwind kitzelte im Nacken, man kam überall hin und konnte mächtig stolz sein auf seine Simson S 51. Sie gab Jugendlichen ein Gefühl von Freiheit in der DDR. „Wer damals nicht Moped gefahren ist, der war nichts“, erinnert sich Christoph Korneli. Ohne die eigene Maschine hätte man nie ein Mädchen bekommen.
Die Leidenschaft für alte Mopeds haben Korneli und die Mitglieder der Interessengemeinschaft „Oldtimer Schwielowsee“ jetzt an ihre Kinder weitergeben. Ein halbes Jahr lang haben sechs Jugendliche aus Michendorf und Caputh mithilfe der Oldtimerfans aus ausrangierten Einzelteilen eine Simson S51 neu zusammengebaut. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Sie sieht aus wie neu und schaltet sich wie Butter“, schwärmt Korneli.
Der Weg zur neuen Maschine war lang: Jedes zweite Wochenende standen fünf Jungs und ein Mädchen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren in der Werkstatt von Peter Freitag in Ferch. „Wir haben ganze Nachmittage damit verbracht die Teile mit Waschbenzin zu putzen“, sagt der 16-jährige Jakob Korneli. In mehreren Kisten lagen sie: verdreckte Rahmen, der verrußte Motor und Vergaser, Räder und Stoßdämpfer sowie der völlig zerschlissene Sitz. „Anfang dachte ich, dass unser Moped räudig aussehen wird“, sagt Korneli Junior.
Beim Wiederaufbau der grünen Simson erklärten die Erwachsenen den Jugendlichen, wie sie die Maschine zusammenkriegen. Immer wieder seien die Oldtimerfans ins Fachsimpeln gekommen, sagt Jakob. „Da haben wir wenig verstanden, aber trotzdem zugehört.“ Jakobs Vater hat die Einzelteile von einem Oldtimerfreund aus Michendorf für 150 Euro gekauft, ein guter Preis. Der Vater des Michendorfer Freunds hatte die einzelnen Zweiradstücke nach der Wende auf dem Schrott gesammelt.
Da kam einiges zusammen: Bis 1989 wurden in der DDR über eine Million Mopeds gebaut, erzählt Peter Freitag. Die Zahl hat er aus einem Buch, das die Geschichte von den in der DDR produzierten Fahrzeugen erzählt. „Schwalbe und Simson sind nicht umsonst heute noch Kult“, so Freitag. Sie seien robust. „Im Osten habe immer das Geld gefehlt, also mussten sich die Konstrukteure, wenn sie mal etwas erneuerten, gut überlegen, was sie hervorbrachten.“ So seien die Mopeds immer weiter optimiert worden.
Wie der Motor, die Lichtmaschine oder das Getriebe funktioniert, lernten die Jugendlichen erst bei dem Werkstattprojekt, das gemeinsam mit dem Schwielowseer Verein Cultura umgesetzt wurde. „Wir wollten, dass sie ein Gefühl für Technik und Physik bekommen und lernen, sich auch mal die Finger schmutzig zu machen“, sagt Korneli.
Geschraubt hat der Oldtimerfan Korneli schon als Jugendlicher: Eine seiner ersten Maschinen war der klobige Berlin-Roller aus den 50er-Jahren. Produziert wurde er im Industriewerk Ludwigsfelde. Dort wurden in den 50er- und 60er-Jahren auch die Roller Pitty, Wiesel und Troll gefertigt. Auch in der thüringischen Stadt Suhl wurden zu DDR-Zeiten knapp 200 000 Kleinkrafträder pro Jahr produziert. Dort wurden im Simsonwerk ab den 50er-Jahren die Kultmopeds hergestellt, unter anderem die Schwalbe und die bei Jugendlichen heiß begehrte, sportlich geschnittene S 50, später 51.
Wenn Korneli über die alten Zweiräder spricht, dann glänzen seine Augen. Nein, das sei keine DDR-Nostalgie, es seien eben die Fahrzeuge aus seiner Jugend. „Die haben hier in der Region eine große Rolle gespielt.“
Gespannt waren die sechs Jugendlichen noch auf den schönsten Moment: „Demnächst werden wir endlich unsere Gemeinschafts-Simson Probe fahren“, sagt Jakob. Einen Führerschein hat bisher nur einer von ihnen. Daher gehen sie auf einen Verkehrsübungsplatz, da wird dann losgebrettert. Die Simson ist übrigens schneller als andere Roller, die nur auf 45 Kilometer pro Stunde kommen.
„Die hat noch eine Betriebszulassung aus DDR-Zeiten, die übernommen wurde, und fährt daher 60 Sachen“, sagt Jakob stolz und schaut dabei verschmitzt zu seinem Vater. Jetzt schwärmen beide für alte Maschinen. Auch Jakob ist sich sicher, dass man mit einer alten Simson kräftig Eindruck schinden kann. „Das ist bei Weitem besser als irgendein 08/15-Roller.“ Im Gegensatz zu seinem Vater verrät er aber nicht, bei wem er sich mit dem Moped beliebt machen will.
Das zusammengeschraubte Moped wird am heutigen Samstag zur Motorrad-Saisoneröffnung in der Kfz-Prüfstelle Michendorf, Potsdamer Straße 125, präsentiert.
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