zum Hauptinhalt

Michendorf: Von der Minna zu den Präsidentinnen

Die Kleine Bühne Michendorf feierte am Samstag ihr zehnjähriges Bestehen. Trotz Turbulenzen ein Erfolg.

Stand:

Michendorf - Es gab Einheit, es gab Trennung, es gab Konkurrenz, schönste Höhen und graueste Tiefen. Michendorfs Kleine Bühne hat dies alles überstanden, vielleicht mit Tränen manchmal. Am Sonnabend feierte der Theaterverein – 19 Mitglieder nebst Chor und Bühnentechnik – im Gemeindezentrum Langerwisch sein zehnjähriges Bestehen. Da waren schon „die Pfosten aufgeschlagen, und jedermann erwartet sich ein Fest“, wie Goethe es seinem „Faust“ voranstellte. An der Straße nach Wilhelmshorst wies ein bühneneigenes Banner schon den Weg, die Parkplätze waren knapp, drinnen mussten sogar Stühle nachgestellt werden.

Natürlich geht es bei solchen Anlässen nicht ohne Festakt ab. Reden, Reminiszenzen, Präsenzen. Aber hier war das Offizielle fast familiär. Vereinsvorsitzende Ortrud Meyhöfer ließ vor etwa 70 Besuchern alles noch einmal Revue passieren, den Start 2007 in Wilhelmshorst mit Siegfried Patzer, die gemeinsame Zeit in Michendorfs Gemeindezentrum Zum Apfelbaum und in der Volksbühne Michendorf. Schon damals gab es mit Stücken wie „Pension Schöller“ oder „Der Bockerer“ mit jeweils mehr als 30 Vorstellungen einen großen Zuspruch, die Truppe wusste ihr Publikum eben zu pflegen. Das Zerwürfnis mit dem Theatergründer und Bühnenprinzipal, der Rauswurf der Truppe mit Säckl und Gepäckl aus der Volksbühne, wurde mit großer Behutsamkeit angesprochen. Man war bereit zur Versöhnung, leider schlug Patzer die Einladung zum Festakt aber aus.

Ab 2015 war die Truppe mit „on tour“ hinterm Bühnen-Logo unterwegs. Dank der Ortsregierung kam man im Gemeindezentrum Zum Apfelbaum unter, auch in der Nachbarschaft öffneten sich Spielstätten. Gut beschirmt vom örtlichen Kulturbund hieß es nun wieder: „Von der Region für die Region“, oder wie die TV-Legende Robert Lemke es auszudrücken pflegte: „Husten vor dem Fernseher ist nur halb so lustig wie in einem Theater“. Auch im Exil blieb das Publikum nicht aus, Inszenierungen wie „Der Gott des Gemetzels“ und „Die Präsidentinnen“ waren immer gut besucht. Eine Erfolgsstory mit Hindernissen also, aber auch „eine geradezu irreale Erfahrung zwischen Akteuren, Regie und Publikum“, wie Ortrud Meyhöfer abschließend sagte.

Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) sagte der Truppe auch weiterhin Unterstützung für ihre Herzblut-Arbeit zu. Ein neuer Probenraum ist im Gespräch, gut für die Kleine Bühne, im Herbst will sie ja mit Joseph Kesselrings „Arsen und Spitzenhäubchen“ etwas Größeres präsentieren. Stückens Ortsvorsteher Udo Reich schloss sich der wohlverdienten Eloge an. Er war den Thespis-Leuten von Anfang an verbunden.

Dann kam sozusagen der „angewandte“ Teil des Nachmittags. Der sechsköpfige Frauenchor, 2013 vereinsextern gegründet, sang mit Feuer und Eifer Lieder aus den verschiedenen Inszenierungen. Das ging vom russischen Volkslied bis zum grünen kleinen Kaktus. Anschließend zitierte man Zeitungskritiken aus all den Jahren. Erstaunlich, welch positives Echo da zusammenkam.

Nach der Pause, wo es zum Trinken und Speis zum kleinen Einheitspreis gab, folgte jenes Stück, mit dem alles begann und das jetzt mit anderer Besetzung neu aufgelegt wurde: Curt Goetzens „Minna Magdalena“, ein turbulenter Bühnenspaß. Christine Hofer, als vom Verein bestallte Regisseurin gleichfalls von Anfang an dabei, meinte dazu, man habe mit diesem Einakter den Versuch einer größeren Publikumsnähe erproben wollen. Sozusagen für die Zukunft. Auch da soll die Bühne ja ganz im Sinne der Vereinsphilosophie „ein Treffpunkt von Kunst und Leben“ sein.

Natürlich sind die Theaterleute inzwischen zehn Jahre älter geworden. Warum tut man sich das eigentlich noch an? Klaus-Dieter Becker, auf mancher Bühne zu Hause, ist der altersmäßige Nestor der Truppe, Marlies Hannowski sozusagen die Nestorin. Sie hat 40 Jahre Krankenhaus-Betrieb hinter sich, spielte nebenbei schon in Berlin unter Patzer. Und sagt voller Energie: „Man kann als Rentnerin doch nicht einfach rumsitzen, man muss doch was tun!“ Sie gab erst jüngst in Schwabs „Präsidentinnen“ das Mariedl. Trotzdem, sagt sie mit bezauberndem Lächeln, werde es auch nicht eben leichter, sich lange Texte zu merken.

Es wurde also ein Fest, ein Schönwetterfest mit etwas Musik und alten Theaterplakaten. Ein Spiegel aus zehn wechselgebadeten Jahren. Viel Lob von allen Seiten, und dies bei der „professionellen“ Konkurrenz gleich nebenan. Da kann man dieser eingespielten Truppe doch nur doppelt gratulieren!

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })