
© Ulrich Windoffer
KulTOUR: Von der „Pixel-Sündflut“ unberührt
Ulrich Windoffer stellt analoge Auszüge seines „Fotografenlebens“ in der Werderschen Stadtgalerie aus
Stand:
Werder (Havel) - Nach Ansicht von Frank W. Weber, Maler, Konzeptkünstler und bewährter Kurator der Werderschen Stadtgalerie „Kunst-Geschoss“, geht es mit der Kunst derzeit retour. Die Malerei wende sich nach der „Sackgasse Abstraktion“ wieder Figur und Gegenstand zu. Moderne Fotografie will trotz digitaler Finessen auf ihre analogen Möglichkeiten nicht verzichten, und überhaupt komme endlich wieder „das Handwerk“ zu Ehren – so wie Kunst von Können kommt.
Solcherart ästhetische Einsicht scheinen ihn wohl auch zu der aktuellen Ausstellung „Ulrich Windoffer. Fotografenleben“ veranlasst zu haben. Noch zu Kriegszeiten in Dresden geboren, erlangte Windoffer an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst ein Diplom in der Fachrichtung Fotografie. Das war, nota bene, als man in die Apparate noch richtige Filme einspannte und es einigen Geschickes bedurfte, durch Abdeckung, Retusche und analoge Doppelbelichtungen künstlerisch anspruchsvolle Fotos zu produzieren. In Handarbeit, versteht sich. Seit Beginn seiner freiberuflichen Tätigkeit arbeitete er nicht nur künstlerisch, sondern auch für Messen, Ausstellungen, Verlage, also gleichsam „angewandt“, beispielsweise im Bereich Industriefotografie oder als Dokumentator beim Umbau des Hauptbahnhofes vor wenigen Jahren in seiner Heimatstadt Dresden.
Die letzten zehn Jahre lebte der heute Siebzigjährige in Geltow, machte also auch Bekanntschaft mit der Umtriebigkeit eines Frank Webers in Werder, der ihn für diese fünfzig Jahre Freiberuflichkeit umfassende Retrospektive gewann. Gut für den Fotokünstler, gut auch für das Kunst-Geschoss: Damit sind alle Bereiche der bildenden und angewandten Künste abdeckt.
Die meisten Arbeiten dieser Retrospektive – das fällt auf – sind im vornehmen Schwarz-Weiß gehalten. Man könnte das auch reine, von der heutigen Pixel-Sündflut unberührte Fotografie nennen. Nebellandschaften, Porträts bekannter und unbekannter Menschen vor schwarzem Hintergrund in unverblichener Lebensfrische, Fotoserien aus Rumänien und Bulgarien, Eindrücke von der fünfzigsten Siegesfeier der Russen in Moskau, während die kommunistische Gegendemo raffinierterweise in Farbe abgelichtet ist. Viel Rot ist da zu sehen, stechendes Rot!
Als Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR durfte Ulrich Windoffer auch in den Westen reisen, nach Paris zum Beispiel. Seine Amsterdam-Impressionen wurden noch 1989 zum „Schönsten Buch des Jahres“ gekürt. Überhaupt zeigt diese Personalschau nicht nur Fotos aus seinen Büchern, sondern auch diese selbst, über Kunstdenkmäler in Rumänien, alte Uhren oder die Kleinplastik der DDR. Die Reihe ist lang wie sein Fotografenleben.
Freilich wird der Betrachter weder Spekulation noch viel Spektakuläres finden, eher viel Berufserfahrung und Beständigkeit im Handwerklichen, gelernt ist eben gelernt. Dazu gehören auch Ausstellungsflächen mit „angewandter Fotografie“ für die Uhrenwerke in Ruhla oder feinsinnig gestaltete Kalenderbilder in Farbe.
Wie es Brauch ist, spendete auch dieser Aussteller ein Werk für das Kunst-Geschoss – den ungeheuer verzweigten Baum-Opa, recht prominent in dieser Werkschau gehängt. Man vertieft sich in diese fremde und doch vertraute Bilderwelt, die ja nicht nur bei der Reihe „Brigadebesprechung 1987“ gleichsam zu historischen Ehren kommt. Das Handwerk kehrt also zurück. Wie meinte doch Frank Weber: Die Zukunft der Kunst liegt bereits in den Depots der Museen!
Geöffnet bis 24. Juni donnerstags, samstags und sonntags, 13 bis 18 Uhr im Kunstgeschoss, Uferstraße 10.
Gerold Paul
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