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Baumblütenkönigin Victoria Tremel an ihrer eigenen Rebe.

© kos

Potsdam-Mittelmark: Von der Schicht direkt zum Weinberg Start der Weinlese auf Werders Wachtelberg

Werder (Havel) - Pünktlich um acht Uhr morgens hat am Samstag die Weinlese am Werderaner Wachtelberg begonnen. Drei Traktorfahrer und 35 Helfer begannen, die Müller-Thurgau-Trauben einzusammeln, jeder von ihnen ausgestattet mit einer speziellen Schere und zwei Eimern.

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Werder (Havel) - Pünktlich um acht Uhr morgens hat am Samstag die Weinlese am Werderaner Wachtelberg begonnen. Drei Traktorfahrer und 35 Helfer begannen, die Müller-Thurgau-Trauben einzusammeln, jeder von ihnen ausgestattet mit einer speziellen Schere und zwei Eimern. In drei Teams ging es in die engen Gänge zwischen den Stöcken. Winzer Manfred Lindicke schaute zu diesem Zeitpunkt etwas besorgt gen Himmel. „Es ist zu nass“, so der Chef der Firma „Weinbau Dr. Lindicke“, die den Weinbau in Werder betreibt. Zufrieden dagegen war er mit dem Mostgewicht. „Die Trauben haben 72°Oechsle“, hat er gemessen.

Nur wenige Minuten nachdem die Lese-Brigaden mit der Arbeit begonnen hatten, war auch die Blütenkönigin Victoria Tremel da. „Ich komme gerade von der Nachtschicht“, berichtete die 25-jährige Krankenschwester. Trotzdem wollte sie die Trauben der vier „Königinnen-Reben“ lesen. „Ich muss doch im nächsten Jahr einen guten Tropfen an meine Nachfolgerin übergeben“, erklärte sie ihre Motivation und machte sich ohne sichtbare Müdigkeit ans Werk.

Die königliche Schärpe und das Krönchen hat die Majestät dabei nicht vergessen. Bettina Lindicke ist voller Bewunderung für die junge Frau: „Victoria nimmt ihr Amt sehr ernst, so eine fleißige Blütenkönigin hatten wir noch nie.“ Aus den Erntehelferreihen ist indes eine lebhafte Unterhaltung und Lachen zu vernehmen. Angelika Sanitz ist von Anfang an dabei, also immerhin seit 15 Jahren. „Es macht großen Spaß, wobei es heute ziemlich dauert“, so die erfahrene Leserin. Immer wieder müssen verfaulte Trauben herausgeschnitten werden. In den Eimern sollten nur pralle Früchte landen. „Bei dem Rotwein geht es schneller“, so die Erkenntnis der Rentnerin.

Inzwischen ist ihre ganze Familie dabei, samt Sohn, Schwiegertochter und Ehemann mit inzwischen einem Enkel. „Die Arbeit an der frischen Luft macht Spaß und man entwickelt Freundschaften zu den anderen Helfern“, so ihre Gründe fürs Mitmachen. Dies bestätigt Ginger Endt, sie ist seit drei Jahren dabei. Die „Lebenskünstlerin und Therapeutin“ mag keine Spinnen und schreit laut, wenn ihr eine über die Füße läuft, auf die Lese mag sie aber nicht verzichten. Jetzt ist auch ihre Mutter Monika dabei. „Ich reise extra aus Hessen, aus Fulda an“, erzählt die rüstige Dame.

An dieser Arbeitsatmosphäre mag es liegen, dass Lindickes genügend Arbeitskräfte haben. „Es gibt nur eine kleine Aufwandsentschädigung von vier Euro die Stunde“, sagt Bettina Lindicke, es liegt also nicht am Geld, dass alle immer wieder kommen. Die Eimer sind schnell voll, werden entladen, ein großer Korb wird gefüllt und ist auch schon nach einer halben Stunde voll. Gregor, der moldawische Vorarbeiter, transportiert ihn weg und bringt leere Behälter zurück.

Je fünf Stunden wird am Samstag und Sonntag gearbeitet. „Etwa 20 Tonnen müssten wir dann zusammenhaben“, so Manfred Lindicke. Danach werden die Trauben in das Landweingut Sachsen-Anhalt in Bad Kösen gebracht, dort gekeltert und auf Flaschen gezogen. Aus einem Teil wird ein Federweißer, der direkt in der Straußenwirtschaft am Wachtelberg erworben werden kann.

Klaus Wolenski, der Winzer aus Töplitz, hat schon etwas früher mit der Ernte begonnen (die PNN berichteten). Manfred Lindicke würde sich einen besseren Kontakt zur Nachbarschaft wünschen. „Mit den Phöbener Winzer stehen wir im regen Austausch, Töplitz macht sein eigenes Ding“, bedauert Lindicke.

In den nächsten Wochen werden dann die weiteren Trauben auf dem Wachtelberg gelesen. Regent, Dornfelder und Sauvignon blanc warten darauf. Am Ende sollen es etwa 55 Tonnen werden. An diesem Wochenende hat zur Freude des Winzers das Wetter gehalten.

Demnächst wird dann vom Weinbauverein auch der Galgenberg in Werder als „Mietmodell“ aufgerebt. „Wir haben schon 1000 Rebstöcke vergeben“, zieht Lindicke eine Zwischenbilanz. 5000 soll es hier an der Bismarckhöhe insgesamt einmal geben. Andreas Koska

Andreas Koska

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