
© Manfred Thomas
Von Erhart Hohenstein: Von Maria Meeresstern bis Dorf Zolchow
125 Baudenkmale der Stadt Werder werden im neuen Band des Landesamtes beschrieben
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Werder (Havel) - Nur 25 Zeilen waren im 1978 erschienenen Band „Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR - Bezirk Potsdam“ der Stadt Werder (Havel) gewidmet. Genannt sind das barocke alte Rathaus, das gitterförmige Straßennetz der Inselstadt mit einigen wenigen Wohnbauten und die Stülersche Pfarrkirche von 1857. Der jetzt vom Landesdenkmalamt (BDLAM) herausgegebene Denkmaltopographie für die nördliche Zauche ist der Hauptort des Gebietes nunmehr fast 100 Seiten wert. Die stadtgeschichtliche Einführung reicht bis in die jüngste Zeit. Sie würdigt auch die Erfolgsstory nach der Wiedervereinigung, die seit 1992 zu „großflächigen Stadterweiterungen“ führte.
Angeschlossen wird ein Überblick über die Ziegeleien als einst wichtigem Wirtschaftszweig und die Inselstadt als Gebietsdenkmal. Dann werden nicht weniger als 125 Baudenkmale beschrieben. Die Liste beginnt mit den Kirchen, im Gegensatz zur DDR-Zeit wird nun auch die Katholische Kirche St. Maria Meeresstern aufgeführt, und enthält Gebäude unterschiedlichster Nutzung. So besitzt beispielsweise das Kaehnesche Stadtpalais Am Markt 21/Uferstraße 3 nicht allein als Wohnhaus Denkmalstatuts, sondern auch der Wirtschaftstrakt für die Obstverarbeitung, den der spätere Besitzer Friedrich Wilhelm Lendel ab 1916 hinzufügte. Selbst der Schornstein der Fruchtpresserei auf dem Stammgrundstück Am Markt 11 ist nun Denkmal. Gleiches trifft beispielsweise auf das alte Wachhaus (heute Bäckerladen) des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. auf dem jetzigen Grundstück der Fischerfamilie Mai (Torstraße 8) zu, auf das Vulkanfiberwerk als einst wichtiger Industriebetrieb, die ab 1951 als neues Rathaus genutzte Villa des Druckereibesitzers Luck (Eisenbahnstraße 13/14) und den 1923 im Stadtpark angelegten Heldenhain. Genannt werden auch die Kellergewölbe der Gaststätte „Zum Alten Fritz“ (Fischerstraße 31) und eine der letzten kleinen, der Aufbewahrung von Geräten und Körben dienenden Obstzüchterhütten (Eisenbahnstraße 170), früher ein beliebte Ansichtskartenmotiv. Für die Bearbeiter des Bandes, Marie-Luise Buchinger und Marcus Canter, spricht, dass sie selbst auf jüngste Ereignisse reagiert haben. So ist, wenngleich mit präzisierungsbedürftigem Text, unter den Denkmalen bereits das Mahnmal verzeichnet, das im Jahr 2008 sieben Werderaner Jugendlichen gesetzt wurde, die wegen ihres Widerstandes gegen die SED-Diktatur und die Stalinisierung Ostdeutschlands 1952 vom sowjetischen Militärtribunal zum Tode verurteilt und in Moskau erschossen worden waren.
Insgesamt sind in dem nunmehr 14. Band der Reihe „Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg. Nördliche Zauche“ auf 736 Seiten und in teils seltenen historischen Fotos zwischen Bliesendorf und Wust für fast 60 Orte und Ortsteile sämtliche Bau- und Gartendenkmale sorgfältig und detailliert festgehalten.
Während ihrer mehrjährigen Recherchen sind die Bearbeiter des Bandes von Hunderten von Behörden, Historikern, Museumsleitern, aber auch Ehrenamtlern beispielsweise aus Heimatvereinen unterstützt worden. Dieses Zusammenwirken ermöglichte zahlreiche „Denkmalentdeckungen“. Eine der spannendsten ist zweifellos das verlassene Dorf Zolchow, das heute zum Werderaner Stadtgebiet gehört. Schon in der Bronzezeit und auch später dicht besiedelt, mit slawischer Burg, dann Herrenhaus, fiel der Ort am Plessower See nicht etwa im Dreißigjährigen Kriege wüst, sondern wurde erst 1905 von den letzten Bewohnern verlassen. Seit dem Autobahnbau 1935 ist Zolchow zudem von jeder Straße abgeschnitten, nur zu Fuß sind die letzten Reste des Herrenhauses zu erreichen. 1930 gab es einen Hermann Janssen, der wollte hier eine Siedlung bauen. Nach der Wende wurde der verwunschene Ort indes bisher jedoch nicht wiederentdeckt.
Erhart Hohenstein
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