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Bereit für Kultur. Julia Zimmermann (l.) mit Mutter und Freundinnen.

© Enrico Bellin

Kulturgarage in Werder: Von Obstmuckern und Plüschtier-Abenteuern

Die Werderaner Julia und Gabriele Zimmermann starten am Donnerstag ihre Kulturgarage

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Eine Kulturmeile in Werder, vom Kino in der Eisenbahnstraße bis zum Theater im ehemaligen Kaufhaus. Davon träumt Gabriele Zimmermann, die genau zwischen den beiden großen Einrichtungen eine Musikschule betreibt und nun gemeinsam mit Tochter Julia ihre Garage zur Kulturgarage machen will – mit Theatervorstellungen und Talkshows.

Einen Monat lang soll es jeweils donnerstags bis sonntags eine Veranstaltung geben. „Wir wollen mit dem bunten Mix an Veranstaltungen ausprobieren, was in Werder funktioniert und was wir im kommenden Jahr womöglich regelmäßig anbieten werden“, sagt Julia Zimmermann. Die 28-Jährige hat Theaterpädagogik studiert und erarbeitete mit zwei Freundinnen das Programm, das sie in der frei geräumten Garage der Eltern präsentieren will. Los geht es am Donnerstagmorgen um 10 Uhr mit den „Abenteuern der Plüschis“, bei denen Kinder ab drei Jahren aus der Kita Inselstadt ihre Kuscheltiere als Akteure in kleinen Geschichten sehen können. Freitag und Samstag wird es Rundgänge zwischen der Garage und dem Marktplatz auf der Insel nach dem Motto „Blüten unterwegs“ geben, bei dem Julia Zimmermann mit ihren Freundinnen Jelka Lukors und Sophie Krüger in die Rolle von „Werderschen Obstmuckerinnen“ schlüpft und das Leben der Bauersfrauen schildert. „Sie mussten sich nicht nur um Haus und den Obstgarten kümmern, sondern auch unter schwerer körperlicher Arbeit ihre Erzeugnisse mit dem Kahn auf der Havel nach Berlin fahren“, schildert Lukors, die mit Julia Zimmermann schon gemeinsam am Berliner Maxim-Gorki-Theater gearbeitet hat. Manche dieser Bäuerinnen seien sogar umgekommen. Im Gegensatz zur früheren Bedeutung werde die Rolle der Frau in der Blütenstadt heute auf die Baumblütenkönigin reduziert, dagegen wollen die drei auf ihren Rundgängen vorgehen.

An den Sonntagen ist jeweils eine Talkrunde mit Werderaner Persönlichkeiten wie dem Musiker Achim Prütz, dem Maler Wilfried Mix oder dem Schornsteinfeger Sven Döring geplant. „Wir wollten eine gute Mischung aus verschiedenen Generationen sowie aus Zugezogenen und echten Werderanern haben“, sagt Gabriele Zimmermann, die vor 15 Jahren mit Tochter Julia und dem Ehemann aus Potsdam in die Eisenbahnstraße zog, um dort ihre Musikschule aufzumachen. Ab dem 1. September beginnt für sie wieder der Unterricht, zwischen 14 und 19 Uhr kommen die Schüler einzeln zu ihr, um Flöte, Gitarre, Klavier oder Violine zu lernen.

Auf dem Klavier wird Gabriele Zimmermann auch das Theaterprogramm ihrer Tochter begleiten. „Es passt super, dass wir jetzt mit dem Programm anfangen, da konnte ich während der Ferien die Garage aufräumen“, sagt Zimmermann. Statt Kultur stand dort vorher Kult – ihr Mann ist Schlosser und hatte seine fünf Motorräder in der Garage, die nun in einem Raum in der Scheune stehen, über dem die Musikschule untergebracht ist.

In der Garage haben etwa 25 Besucher Platz. „Wenn mehr Leute kommen, können wir auch auf den Innenhof ausweichen“, sagt Gabriele Zimmermann. Der Eintritt für das Abendprogramm kostet 7,50 Euro, der fürs Kindertheater vier Euro. Das Publikum wird meist mit eingebunden, kann zum Beispiel bei den Talkshows eigene Fragen stellen. Am 6. September ist auch eine Sekt-Matinee geplant, zu der Musik vom Plattenspieler läuft. Dabei entscheiden die Gäste, was zu hören sein wird: Sie sollen Platten aus ihrer eigenen Sammlung mitbringen.

Zum Mitmachen lädt Julia Zimmermann bereits am morgigen Mittwoch ein. Dann startet ihr Kurs für Improvisationstheater, der bis zum 16. September jeden Mittwochnachmittag stattfindet. Zwar klingt ein Kurs, in dem man spontanes Spielen lernt, widersinnig. „Es gibt aber Grundtechniken, die man für eine gelungene Improvisation braucht“, so die Theaterpädagogin Julia Zimmermann, die zuletzt am Staatstheater Stuttgart arbeitete.

Ob die Kulturgarage in Werder zu einer Institution wird, liege nun an der Resonanz der Werderaner. Julia, die für das Projekt in ihr früheres Kinderzimmer gezogen ist, will zumindest dauerhaft in der Region arbeiten. In Potsdam oder Berlin, oder eben auf Werders neu entstehender Kulturmeile. Enrico Bellin

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