Von Henry Klix: „Von Sonntag bis Sonntag schön“
Stadt und Veranstalter ziehen positive Blütenfest-Bilanz, doch die Krawalle am 25. April bleiben ein Thema
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Werder (Havel) - Deutlich mehr Besucher auf den Obstplantagen, über 120 beteiligte einheimische Händler, Obstbauern und Gastgeber, eine entzerrtere Verkehrslage am Bahnhof und eine meist familiäre Festatmosphäre – die Veranstalter und die Beteiligten des 130. Baumblütenfestes haben eine positive Festbilanz gezogen. Der Obstpanoramaweg habe sich als Erschließungsstrecke für die Obstplantagen ausgezahlt, sagte Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU). Traditionell lädt das Rathaus kurz nach dem Fest zu einer öffentlichen Auswertungsrunde ein, so trafen sich auch gestern Nachmittag die Beteiligten und Initiativen im Alten Rathaus.
Das Fest hatte diesmal 600 000 Besucher. Auf vorherigen Festen wurden, abgeleitet aus der Besucherdichte auf den Veranstaltungsflächen, 500 000 Gäste geschätzt. Die Stadt hatte sich mit der Veranstaltungsagentur und den beteiligten Sicherheitskräften und Helfern in 25 Sitzungen auf den Ansturm vorbereitet. Jahr für Jahr werden Konsequenzen aus dem Vorjahresfest gezogen: Bus und Bahn verkürzten diesmal ihre Taktzeiten, so dass es keine allzu großen Staus mehr am Bahnhof gab, wie Schröder erklärte. Mehr Dampfer könnten noch fahren und Parkplätze für Reisebusse zur Verfügung stehen, wie es hieß. Zudem sei es laut Schröder wieder besser gelungen, Glasflaschen von der Festmeile zu verbannen – schon am Bahnhofsausgang wurden sie von Bundespolizisten beschlagnahmt.
Auf gewerblicher Ebene sei das Fest auf ganzer Linie ein Erfolg gewesen, sagte Rainer Wohltat von der Berliner Wohltat Entertainment GmbH. Bewusst habe man auf große Bühnen-Highlights am Wochenende verzichtet – die Unterhaltungsprogramme auf sieben Bühnen hätten zur Entzerrung der Besuchergruppen geführt. „Wir hatten von Sonntag bis Sonntag ein schönes Fest“, so Wohltat. Der erste Festsamstag habe die Bilanz allerdings etwas eingetrübt, wie er einräumte. Schon ab 12 Uhr waren am 25. April angetrunkene Jugendliche in die Stadt „eingefallen“. Die Aggressionen richteten sich nicht nur gegen andere Festbesucher, sondern sogar gegen freiwillige Helfer der Malteser, Teilnehmer des Festumzuges und die Feuerwehr. Bei vielen der Auseinandersetzungen mussten Polizei und Sicherheitsleute hinzugezogen werden.
Bis zum Abend schaukelte sich die Stimmung auf, hinzu kam noch gegen 17 Uhr ein Stau auf der Inselbrücke, von dem auch seine Leute betroffen waren, so der Leiter des Polizei-Schutzbereichs Brandenburg, Sven Bogacz. Schließlich wurde der Polizei für 20 Uhr telefonisch eine Schlägerei am Sportplatz angekündigt. Als die Bereitschaftspolizisten dort eintrafen, richtete sich die Gewalt von etwa 150 Jugendlichen allerdings schnell gegen die Beamten – Gegenstände und Bierbänke wurden geworfen.
Vier Polizisten wurden verletzt, 14 Randalierer wegen schweren Landfriedensbruchs festgenommen. Laut Bogacz stammten sie überwiegend aus Brandenburg (Havel) und waren – zumindest in Zusammenhang mit Gewaltdelikten – zuvor nie auffällig gewesen. Die Hälfte der Festgenommenen hatte nicht nur Alkohol, sondern auch Drogen im Blut. Erst mit Verstärkung einer Hundertschaft, die an sich noch mit einem Fußballspiel in Babelsberg beschäftigt war, konnte die Lage gegen 21 Uhr wieder unter Kontrolle gebracht werden. Die Polizeivideos würden immer noch ausgewertet, möglicherweise würden weitere Ermittlungsverfahren gegen Beteiligte eingeleitet, kündigte Bogacz an. Beteiligte behaupten, dass die Polizei nicht immer deeskalierend gewirkt habe, ein viel diskutiertes Youtube-Video habe dies aber nicht belegen können, sagte der Polizeichef.
Der Samstag trübt auch die Statistik der Körperverletzungen – noch lange nach dem Fest seien Anzeigen eingegangen. 24 schwere und 57 „normale“ Körperverletzungen wurden bis jetzt für das 130. Baumblütenfest registriert. Eine der Konsequenzen wurde noch im Festverlauf gezogen: Die Pontonbrücke neben der Inselbrücke soll den Sicherheitskräften auch bei den künftigen Festen ein schnelles Überqueren der Föhse ermöglichen. Auf das Brandenburger Klientel werde man künftig ein Auge haben, so Bogacz.
Auch die Bundespolizei findet die zunehmende Aggressivität Jugendlicher „auffällig“, so der Leiter der Bundespolizeiinspektion Berlin-Ostbahnhof, Jan Minor. Außer den 250 Polizeikräften des Landes waren an den Wochenenden noch 400 Bundespolizisten auf der Bahnstrecke zwischen Berlin und Werder im Sondereinsatz. Die Zahl der Straftaten im Bahnbereich habe sich im Vergleich zum 129. Fest auf 130 verdoppelt, sagte Minor, 43 davon waren Körperverletzungen, zudem gab es zahllose Sachbeschädigungen: Am zweiten Festsamstag seien zwei Züge derartig demoliert worden, dass sie nicht mehr zur Verfügung standen, sagte Bahn-Niederlassungsleiter Thomas Stahlberg. Die Havelbus Verkehrsgesellschaft half mit Bussen aus.
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