Potsdam-Mittelmark: Votum der Vernunft oder Pyrrhus-Sieg
Stahnsdorfer Gemeindevertreter entscheiden sich für Güterfelder Bürgerhaus in der Berliner Straße 3
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Stahnsdorfer Gemeindevertreter entscheiden sich für Güterfelder Bürgerhaus in der Berliner Straße 3 Von Peter Könnicke Stahnsdorf. Mit einem dreifachen „Pfui, pfui, pfui“ verließ Eva Kulla den Saal. Soeben hatte die Stahnsdorfer Gemeindevertretung mit 13 zu acht Stimmen entschieden, dass die ehemalige Kita in der Berliner Straße 3 das künftige Güterfelder Bürgerhaus werden soll. Glaubt man dem Kommentar der langjährigen Güterfelder Ortspolitikerin Kulla oder auch dem umtriebigen Ortschronisten Peter Ernst, „gibt das Ärger in Güterfelde“. Denn dort hätten es die Einwohner lieber gesehen, wenn die alte Schule in der Potsdamer Straße künftig als Bürgerhaus gedient hätte. Richtig laut geworden ist das flammende Bekenntnis für das ehrwürdige Haus allerdings nicht. „Das liegt daran“, weiß Peter Ernst, „weil die Meinung der Einwohner nie zugelassen wurde.“ Der Versuch einer Bürgerversammlung sei unterdrückt, Fragen im Ortsbeirat verhindert worden. Mit Erfolg habe es Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold verstanden, öffentliche Bekundungen für die alte Schule zu unterdrücken, klagt Ernst. „Fragen Sie mal nach einer Chronologie der Bürgerbeteiligung“, sagt Ernst. „Es gibt keine.“ „Herr Huckshold hat gewonnen – der Ausbau des Baudenkmals Schule mit Fördermitteln zum Bürgerhaus ist verhindert", gibt sich Ernst geschlagen. In der Tat hat Huckshold vehement die Idee verfochten, das Bürgerhaus in der Berliner Straße einzurichten. Der Umbau der einstigen Kita sei minimal, „fast nur eine Instandsetzung“, meint er. In einer Kostenanalyse hat die ortsansässige Baufirma Behnke einen Aufwand von knapp 160 000 Euro für die Arbeiten ermittelt. Das liegt unter dem Ansatz, der im Haushalt fürs kommende Jahr geschrieben steht. In Zeiten harter Sparkurse ist das kein schlechtes Argument. Auch einen Trägerverein, Konzepte zur Finanzierung und Nutzung des Hauses hat Huckshold auf die Beine gestellt. Und das Wichtigste: Im Ortsbeirat hat er um eine Mehrheit gerungen – und bekommen. Für Hucksholds Fraktionskollegen Christian Pall, der aus Stahnsdorf kommt und früher einmal der SPD-Fraktion angehörte, ist das Votum des Güterfelder Ortsbeirates das Maß aller Dinge. Zudem „lässt sich die Sache finanzieren“, ist für ihn genug Überzeugungsarbeit geleistet worden. Auch CDU-Vertreter Jörg-Hannes Lunze wollte „den Güterfeldern keine Entscheidung überhelfen, die sie nicht wollen“. Das knappe Votum des Ortsbeirates genügte ihm zu wissen, was im Nachbarort gewollt wird. Auch Lunze stimmte, wie die gesamte CDU, für die Berliner Straße. Für die Stahnsdorfer SPD war die alte Schule lange Zeit ein gelbes Haus im Nachbarort, mit einer kaputten Uhr, an dem man in der Potsdamer Straße vorbeifährt. Als der Vertrag für die Eingliederung Güterfeldes nach Stahnsdorf vereinbart wurde, konnten die SPD-Abgeordneten lesen, dass in dem neuen Ortsteil ein Bürgerhaus entstehen soll. Als Adresse hatten sich zuvor die Güterfelder auf die Potsdamer Straße 16 geeinigt. In den letzten Wochen hat die SPD nun in hektischer Betriebssamkeit ein Plädoyer für die alte Schule entwickelt. Von einer Chance sprach SPD-Ortschef Heinrich Plückelmann. Denn aus der Idee des Heimatvereins, zur 200-jährigen Geschichte des Schlosses Gütferfelde im kommenden Jahr mit einer Ausstellung aufzuwarten, wuchs das „Gesamtkonzept Güterfelde“. Neben der Geschichtsschau gab es plötzlich das Ansinnen, Güterfelde als Kleinod einstiger preußischer Bau- und Gartenkunst touristisch zu vermarkten, Teile des alten Schlossparks zu rekonstruieren und die alte Schule als Bürgerhaus herzurichten. „Heiße Luft“, wurde gewettert. Aber: SPD-Fraktionschef Manfred Kokel verkündete vorgestern die Summe von 95 000 Euro, die das Arbeitsamt für drei Beschäftigte billigte, die ab November ein Jahr lang die Schloss-Ausstellung anfertigen und betreuen. Weitere 206 000 Euro könnten für Marketingsmaßnahmen bereit gestellt werden. Für die Park-Rekonstruktion wirbt inzwischen sogar SPD-Landrat Lothar Koch: „Die Sanierung sollte mit Nachdruck gefördert werden“. Und auch für die Potsdamer Straße 16 hat sich die SPD bemüht, etwas Vorzeigbares auf den Tisch zu legen. Der Teltower Architekt Jörg Langner hat in einem Gutachten für die Sanierung der Schule und der beiden Wohnungen in dem Haus einen Kostenaufwand von 430 000 Euro ermittelt. „Mit Fördermitteln scheint das machbar“, meinte Kokel und schob entscheidend hinterher: „Wenn politische Einigkeit besteht.“ CDU-Vertreter Lunze, selbst Bauunternehmer, disqualifizierte die Kostenschätzung als unzureichend. Der FDP-Abgeordnete Günter Wüstenhagen konnte sich die alte Schule als Ausstellungsort vorstellen – mehr zunächst jedoch nicht. In zu viel offenen Fragen für beide Objekte sah PDS-Fraktionschef Harald Mushack „keine Grundlage“ für einen Beschluss, weshalb er den Vorschlag von Gerold Maeler (Bürger für Bürger) begrüßte, die Entscheidung zu vertagen. Mit elf zu elf Stimmen fand die Idee keine Mehrheit, weshalb es zur finalen Abstimmung kam – mit dem Votum für die Berliner Straße. Ein „Pyrrhus-Sieg“, wurde unter einigen Zuschauern orakelt. Mehr noch, wie SPD-Vertreter Dietmar Otto voraussagt. Denn der Landkreis plant, die ehemalige Kita unter Denkmalschutz zu stellen. Das Haus gilt als das einzig verbliebene Architekturzeugnis der 1930er Jahre. Für die notwendigen Veränderungen, so Ottos Unheilsszenario, werde es keine Baugenehmigung geben. Und dann habe Güterfelde gar kein Bürgerhaus und für Veranstaltungen könne „nur ein Saal gemietet“ werden: in der Gaststätte Huckshold.
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