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Ärger in der Sommerzeit: Berufsfischer Stefan Ramdohr aus Werder (Havel) berichtet von professionellen Banden, die nicht selten den gesamten Fang plündern. .

© privat

Potsdam-Mittelmark: Wachschutz an den Reusen

Fischdiebstahl wird für Berufsfischer Stefan Ramdohr und seine Kollegen zunehmend ein Problem

Von Eva Schmid

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Potsdam-Mittelmark - Über den Sommer kann sich Stefan Ramdohr nicht so richtig freuen: „Dann ist Urlaubszeit und damit geht auch das Stehlen wieder los“, sagt der 37-jährige Berufsfischer aus Werder. Freizeitkapitäne, die auf der Suche nach einem leckeren Abendessen in seine Reusen greifen, seien dabei noch das kleinere Übel. „Wir haben hier richtige Raubzüge von professionellen Banden, die unseren Fang plündern“, sagt er.

Laut einer aktuellen Umfrage des Landesfischereiverbandes werden Fischdiebstähle zu einem immer größeren Problem. „Sie ziehen einen hohen wirtschaftlichen Schaden nach sich“, betont der Geschäftsführer des Verbandes, Lars Dettmann aus Töplitz. 30 von 150 Mitgliedsbetrieben sind befragt worden – sie registrierten im vergangenen Jahr insgesamt 234 Diebstähle. „Dabei wurden nicht nur einzelne Reusenanlagen geplündert, sondern teilweise der gesamte Fang mitgenommen.“ Den Schaden beziffern die Fischer auf insgesamt knapp 112 000 Euro. Ein Jahr zuvor wurden bei einer ähnlichen Umfrage 194 Überfälle mit einem Schaden von 90 000 Euro gemeldet. „Und wir haben nur ein Fünftel unserer Mitglieder gefragt – die Zahlen sind also nur ein Ausschnitt der gesamten Diebstähle“, so Dettmann.

Bei der Polizeidirektion West, zu der auch der Landkreis gehört, sind im vergangenen Jahr indes nur drei Fischdiebstähle angezeigt worden. Im Jahr zuvor waren es acht, so Polizeisprecher Christoph Koppe. „Die Dunkelziffer ist jedoch um ein Vielfaches höher“, ist sich Ulrich Rätzel von der brandenburgischen Polizeigewerkschaft sicher. Als ehemaliger Leiter der Wasserschutzpolizei in Brandenburg an der Havel kennt er das Problem sehr gut. „Viele Fischer bringen den Raub gar nicht erst zur Anzeige, dafür müssten sie einen halben Tag auf der Wache sitzen – das kostet sie zu viel Zeit.“

Und es bringt anscheinend wenig Erfolg: „Ich habe schon so oft angezeigt, das Verfahren wurde aber immer eingestellt“, berichtet Ramdohr. Die Begründung: Die Täter sind nicht zu ermitteln. Die Zeiten, in denen man gemeinsam mit der Polizei auf der Lauer liegen konnte, seien längst vorbei. Die Wasserschutzpolizei, so Ramdohr, könne nur noch wenig ausrichten: „Sie fahren immer zur gleichen Zeit ihre Routen – die kennen nicht nur wir, die kennen natürlich auch die Diebe.“

Den Wasserschutzpolizisten sind indes die Hände gebunden: „Sie werden immer weniger und müssen Prioritäten setzen zum Nachsehen für die Fischer“, so Rätzel. Brandenburg habe die meisten schiffbaren Wasserstraßen und locke damit viele Touristen an. „Daher lässt man sich am Tag auf dem Wasser sehen, damit dort Ordnung herrscht und die Touristen auch wiederkommen“, so der Polizeigewerkschafter. Die Schicht ende mittlerweile bereits um 22 Uhr – früher sei auch mal bis zwei oder drei Uhr in der Nacht gefahren worden. In der Polizeidirektion seien neun Boote im Einsatz, so Polizeisprecher Koppe. Sie würden je nach Lage variabel eingesetzt.

Wer es sich leisten kann, setzt auf eine Wachschutzfirma. Die Fischereischutzgenossenschaft Havel Brandenburg hat für ihre Fischer einen solchen Schutz beauftragt. Mit Nachtsichtgeräten und Weitwinkelkameras legen sich die Detektive zu Wasser und zu Land auf die Lauer. Auch die Reusen werden immer öfter elektronisch gesichert: Ein Sensor registriert Bewegungen und schickt einen Alarm an die Wachschutzfirma. Um die Täter zu überführen, kennzeichnen manche Fischer ihre Fische auch mit einer Farbmarkierung oder mit einem Chip. Die Ausrede, dass es der eigene Fang sei, gelte dann nicht mehr, erklärt Andreas Schneider, Chef der Wachschutzfirma KSS. Begehrt sei bei den Dieben hauptsächlich der teure Aal.

„Auch wir registrieren dieses Jahr einen deutlichen Anstieg an Diebstählen“, bestätigt Schneider. Er arbeitet im Auftrag für die Fischereischutzgenossenschaft und kontrolliert mit seinem Team 8000 Hektar Wasserfläche. Im Sommer ist er an drei bis vier Nächten pro Woche unterwegs. Gerufen wird er dann, wenn Diebstähle vermutet werden. „Die Profidiebe erkennt man daran, dass sie die Reusen öffnen und dann versuchen, sie wieder zu schließen.“ Der Fischer merke aber sofort, wenn der Knoten nicht stimme. Um die Diebe zu schnappen, muss Schneider teilweise über Wochen die Reusenanlagen observieren. Ab und an klappt es dann auch mit einer Festnahme: So sind wie berichtet im vergangenen September zwei Männer wegen Fischdiebstahls in Brandenburg an der Havel verurteilt worden. Sie mussten jeweils Geldstrafen zwischen 1500 und 1750 Euro bezahlen.

Für Stefan Ramdohr ist das derzeit wenig Trost. Wenn nichts gestohlen wird, dann fahren unbedarfte Freizeitkapitäne an seine Anlagen heran. „Verfängt sich die Motorschraube in den Reusen greift man zum Messer.“ Auch zum Festmachen werden seine dünnen Pfähle genutzt, oft brechen sie ab oder reißen dabei aus. „Sommerzeit ist eben auch Kaputtmachzeit“, sagt er resigniert. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als mühsam den Schaden zu reparieren.

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