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Von Henry Klix: Walzstahl und Hagemeister

Am 26. Juli wird in Ferch das „Museum Havelländische Malerkolonie“ eröffnet – ein spannender Spagat

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Schwielowsee - Ein letzter Holzwurm klopft noch im Dachgebälk. „Soll er“, sagt Bauleiter Ingo Dreger. Im Haus wird gestrichen und geschleift, vor dem Eingang müssen Pflastersteine verlegt und Blumen gepflanzt werden. Nächste Woche werden im Fercher Kossätenhaus die Bilder gehängt: Karl Hagemeister, Theo von Brockhusen, und Carl Schuch – über 20 Gemälde von acht Meistern, einige davon sind erstmals öffentlich zu sehen. Schon am 26. Juli soll hier mit dem „Museum Havelländische Malerkolonie“ Leben einziehen. Mit der Ausstellung von Leihgaben und anhand historischer Dokumente will man an jene Zeit um 1900 erinnern, als Ferch zum Einzugsgebiet Berliner Künstler wurde – so wie sich auch anderswo in Europa die Maler aus berstenden Metropolen aufs stille Land zurückzogen.

Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, in dem kleinen, denkmalgeschützten Bauernhaus ein Museum einzurichten, sagt Dreger. Das Kossätenhaus (Kossät: Kleinbauer) ist eines der letzten dieser Art in Ferch. Ein Brand vor dem Sanierungsstart hatte den Ausbau zusätzlich erschwert, nur rund ein Drittel der originalen Bausubstanz konnte gerettet werden.

Mit bis zu 200 000 Euro versicherte Gemälde sind hier künftig zu sehen, wie Ausstellungskuratorin Stefanie Krentz vom Büro „art for public“ erklärt: Klimaanlage, Kameras, Alarmanlage und Feuermelder mussten her. Um in dem Häuschen auch Großformate ausstellen zu können, ist die Giebelseite der „großen Stube“ zur Dachgeschossgalerie geöffnet worden. Mit Metall und lackiertem Holz wurde kenntlich gemacht, wo keine alte Substanz mehr vorhanden war. Spannende Kontraste zu Reetdach, Fachwerk und schwarzer Küche sind entstanden. Besonders innovativ: Der Fußboden im Erdgeschoss ist aus Walzstahl. Schließlich haben am Schwielowsee mit Franz Heckendorf, Magnus Zeller oder Julie Wolfthorn auch Wegbereiter der Moderne gewirkt, sagt Krentz.

Der Berliner Galerist Velio Bergemann hatte die Gemeinde Ende der 90er Jahre auf ihre kunstvolle Geschichte aufmerksam gemacht, Ferchs Ortsbürgermeister Roland Büchner nahm den Farbtupfer dankbar auf. Das leerstehende Kossätenhaus im Dorfkern wurde als künftiger Museumsstandort gekauft, unter dem Vorsitz von Helga Martins ein Förderverein gegründet. Schwielowsees Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) nennt das Projekt „einen wichtigen kulturellen Standortfaktor und Baustein zur Bewerbung als Staatlich anerkannter Erholungsort“.

350 000 Euro Fördermittel wurden von ihr eingeworben, die Gemeinde selbst beteiligte sich mit 250 000 Euro. Schließlich ließ sich das Museum auch noch in das „Kulturlandjahr Provinz und Metropole“ einbetten. Der Holzwurm im Dachgeschoss wird allerdings noch ein bisschen allein bleiben: Am 26. Juli kann nur der erste Teil der Ausstellung – die 20 bis 30 Gemälde im Erdgeschoss – gezeigt werden. Ein zweiter Teil im Dachgeschoss wird erst im Oktober fertig. Dann wird das Thema „Provinz und Metropole“ anhand von Dokumenten, Briefen und Fotos aus dem Malerdorf weiter vertieft.

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