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KulTOUR: Warum lachen die ? Porträts aus Kuba im Turm der Bismarckhöhe

Werder (Havel) - Zu Beginn des zweiten Halbjahres hat der Freundeskreis Bismarckhöhe eine interessante und leicht aufmüpfige Ausstellung auf den Weg gebracht. Sie heißt „John und Che - Leben im Land der Revolution“ und stammt von Senne Glanschneider, einer (nach der Vertreibung aus Pommern) Hiesigen mit Wohnsitz in Köln und den Niederlanden.

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Werder (Havel) - Zu Beginn des zweiten Halbjahres hat der Freundeskreis Bismarckhöhe eine interessante und leicht aufmüpfige Ausstellung auf den Weg gebracht. Sie heißt „John und Che - Leben im Land der Revolution“ und stammt von Senne Glanschneider, einer (nach der Vertreibung aus Pommern) Hiesigen mit Wohnsitz in Köln und den Niederlanden. Wochenlang ist sie 2009 durch die Insel gereist, hat etliche Fotos „in den schwelgenden karibischen Farben“ gemacht, eigentlich aber mehr die Kubaner porträtiert, denn das hatte sie in den fünfziger Jahren noch im Werderaner Fotostudio Klett von der Pike auf gelernt.

Nach ihrer Übersiedlung in die BRD engagiert sie sich seit den achtziger Jahren im Bundesvorstand Arbeiterfotografie, was ihren Blick für soziale und politische Problemlagen schärfte. Dort nämlich steht noch „der Mensch im Mittelpunkt“, nicht das Kapital. Genau deshalb glaubt sie an die absolute „Notwendigkeit, politische Bilder zu zeigen“. Kuba verkörpert für sie natürlich nicht nur Salsa, Rumba und Bolero, obwohl die Musik dort allgegenwärtig ist. Es sei schlechthin „eines der fesselndsten Länder der Welt“.

Vor allem, weil es allen Anschlägen und Embargos, abtrünnigen Freundschaften und zerbrochenen Handelsbeziehungen auf charmanteste Art zu trotzen verstand: mit Musik und einem unbezwinglichen Lächeln. Davon erzählen ihre Bilder in der Turmgalerie ganze Geschichten: Pioniere mit ihren Halstüchern grüßen wie vor fünfzig Jahren, als nach der Revolution der Aufbau des Sozialismus begann, doch den vom Leben Geschulten stehen andere Erfahrungen im Gesicht.

Handelsbeschränkungen haben den Mangel von außen ins Land getragen, von innen die Revolution selbst. Dieser Mangel aber hat, glaubt man den Fotos, nicht die Herzen der Kubaner erreicht. Krystina Kauffmann, Laudatorin dieser lehrreichen Fotoschau im Turm, drückte das so aus: „Was lachen die dort, und wir sind so mürrisch?“ Aus Sicht der korrektesten Politologen müssten die Kubaner ja nun wirklich etwas verdrießlicher schauen, das ist mit aufmüpfig gemeint.

Neben der stets rückwärtsgewandten „Revolutionsromantik“ bezieht sich der Ausstellungstitel auch auf Visionen, wie Che Guevara sie hatte, bevor er im bolivianischen Dschungel an ihnen verdarb. Gut, und wer ist „John“? Der sitzt mitten in Havanna als lebensechte Plastik auf einer Bank im John-Lennon-Park – der andere Visionär für ein besseres Lebens auf Erden. Ein Plakat zeigt beide in einem Gesicht, vereint in der Hoffnung, nun wahrlich nicht die einzigen Träumer zu sein.

Doch während das Volk in Porträt oder Straßenszene trotz allen Mangels pure Lebensfreude ausstrahlt und mancher von einer besseren Vergangenheit träumt, hat China inzwischen kilometerlang Strände gekauft, um Hotelburgen für die Seinen zu bauen, so hässlich wie überall. Man nimmt es gelassen, wartet, was morgen passiert. Mañana.

Das Unmögliche versuchen, Träume haben, Träume wie John und Che, so beschreibt Senne Glanschneider „das Lebensgefühl der Kubaner“. Fidel Castro meinte es vor Kurzem etwas anders, als er offen sagte, es sei mit dem Sozialismus wohl doch nichts, wenn er „nicht mal im eigenen Land funktioniert“. Zwei Möglichkeiten, sich diesen Fotos zu nähern, rein politisch. Notfalls ginge es natürlich ohne! Gerold Paul

am 17. Juli, 7. und 21. August sowie 4. September 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Gerold Paul

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