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KulTOUR: Wasser formen – Berge versetzen

Die Designerin und Gartengestalterin Anja Möller geht neue Wege

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Von Gerold Paul

Werder (Havel) - Karl Hagemeisters inzwischen hochberühmte „Welle“ zieht immer weitere Kreise. Nach seinem „Dialog“ mit Siegward Sprotte im vergangenen Frühjahr im Fercher Kossätenhaus meldet sich jetzt eine weitere Stimme zu Wort. War Sprotte der „letzte“ Schüler von Hagemeister, so die Gartengestalterin und Designerin Anja Möller gleichsam die letzte Elevin von Sprotte. Sie wurde in Berlin geboren, dann ganz in den deutschen Norden verschlagen, um nun, den Havelländischen Malern sei Dank, im „Historischen Inselhaus“ – eine Wortschöpfung von ihr – zu leben und zu arbeiten. Ein Fachwerkbau von 1750 mit kleinem Hofgeviert und frisch gemauertem Brunnen, darin ein gewaltiges Farnwesen wohnt. Man habe es bisher nur geschafft, diese eine Wand zu verputzen, entschuldigte sie sich zur Ausstellungseröffnung, bevor sie der Offiziellen vom Rathaus symbolisch einen „Wasserstein“ überreichte, den sie mit behördlicher und denkmal-gepflegter Erlaubnis endlich außen einmauern darf.

Putzen, mauern, schreiben, modellieren? Inspiriert von ihren Vorbildern, zeigt sich Anja Möller vielfach begabt. So findet man im kleinen Galerieraum mit Blick auf den Markt eigene Entwürfe, welche die Rekonstruktion der Alten Ziegelei Glindows mit rein pflanzlichen Mitteln anregen. Sie liegen derzeit auf Eis. Was aber irgendwie „Welle“ ist, findet man in dieser ersten Vernissage vor Ort überall: Zum Beispiel den leise vor sich hin plätschernden Keramik-Mäander in seinem schneeweißen Kiesbett, der Geschichten erzählt, keramische Miniaturboote auf wellenbewegtem Meer. Auch aus den wandgepinnten Lyrik-Texten taucht das Hagemeister-Sprottische Erbe immer wieder hervor. Exemplarisch der „Lebenslauf einer Welle“.

Anja Möllers „Formkontor“ Am Markt 9 wirbt mit Begriffen wie „Designobjekte" für Garten & Haus & Hof. Sie fühlt sich von Landschaft, Naturelementen und Kulturgeschichte hinreichend inspiriert, Gefäße, Licht- und Wasser-Objekte sowie handgefertigte Serien in Manufaktur zu produzieren. Auch „philosophische Objekte“. Nach dem Selbstverständnis befragt, antwortet sie bescheiden: Ich bin Landschaftsgestalterin und Designerin.

Die aktuelle Ausstellung nimmt sich freilich Höheres vor. „Balancierende Berge“ und andere mehr oder weniger der Natur abgeschaute Objekte wollen den Betrachter verführen, Berge zu versetzen „und Wasser zu formen“. Mit dem formlosen Nass mag das noch angehen, aber wurde man nicht seit Urzeiten vor dem Versetzen von Bergen gewarnt? Auch das gehört in das Design- und Lebens-Konzept von Anja Möller: „Überraschend neue Wege gehen. Das Unmögliche möglich machen. Vielleicht hat solch eine Haltung sogar die originellen „Sandtassen“ zum Stehen gebracht, obwohl sie das allein gar nicht können: Gut zum gemeinsamen Gespräch, findet die vielseitige Hausherrin. Weiterhin entdeckt man „Lichtziegel“, historische Beeteinfassungen, überhaupt viel Nützliches und Schönes für Haus, Hof und Garten. Mit ihrer Lyrik und der selbstgeschriebenen Biographie des Natur-Anbeters Hagemeister kommt auch der Kopfmensch zu seinem Recht. Von ihm mag mancher verschont bleiben wollen, von „der Welle“ allerdings nicht

Gerold Paul

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