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KulTOUR: Wellenschlag und Feuerdrachenland

Beste Sichten auf der Bismarckhöhe mit Bildern von Karin Vieth-Haase und Brigitte Seiler

Stand:

Werder (Havel) - Nach dem aktuellen Stand der Dinge hat die Werderaner Bismarckhöhe derzeit wohl die besten Sichten weit und breit zu bieten. Genau dort, wo früher die bösbubigen „Galgenbrüder“ zechten, kann man dank der Terrassengaststätte nun wieder ganz kommod den Guckinsland spielen. Auch das Turmgebäude gleich dahinter, die liebevoll restaurierte und behütete Domäne des Freundeskreises Bismarckhöhe e. V., hat mehr als nur den schönen Rundumblick wohlfeil. Heran und herein also!

Treppauf passiert man das für die Stadtchronik so wichtige Altenkirch-Zimmer, bevor man, eine Etage höher, die Turmgalerie erreicht. Vor dem Eingang wäre das zart rosafarbene Kleid der Baumblütenkönigin 2004 in einer Vitrine zu bewundern. Der kleine Ausstellungsraum selbst hält derzeit Bildnerisches und Angewandtes aus der Hand zweier Berlinerinnen bereit. Brigitte Seiler und Karin Vieth-Haase nennen ihre sommerlich-luftige Präsentation – die zweiundzwanzigste des Vereins – einfach „Feuer.Farbe.Wasser.Landschaft“, das passt gut zu Werder, zu Umgebung und Jahreszeit.

Beide Damen haben ihren künstlerischen Weg jenseits von Hochschulen und Akademien gefunden. Sie sind miteinander befreundet, arbeiten in Berlin und anderswo gerne zusammen und pflegen, bei ganz unterschiedlicher Handschrift an der Staffelei, eine gewisse Vorliebe fürs Plastische. So zeigt Brigitte Seiler drei höchst markante Damen, eine liest, eine sinnt, die dritte träumt so vor sich hin – dynamische Wesen aus Terrakotta oder Bronze, mit einem ausgesprochen „kantigen Charakter“ gesegnet.

Während sich diese Künstlerin an ihrem Wohnort, der Pfaueninsel, meist mit Ölmalerei beschäftigt, scheint Karin Vieth-Haase in ihren Bildern eher vom Material auszugehen. Bei ihr bekommt das Wort Mischtechnik einen ganz praktischen Sinn, wenn sie zum Beispiel Metall, Blätter und Acrylfarbe zu einem „Sturmsegler“ formt, oder mit Acryl und Sand recht elementarische Landschaften zum Thema Feuer und Eis erstehen lässt.

Titel wie Feuerblüte, Feuerdrachenland oder Trauminsel sprechen genauso für sich wie jene plastischen Versuche, mit denen sie „Wellenschlag“ und „Wolkensegel“ (Alabaster) nachsann. Gar nicht fern der Luftikus „Ariel“, na, und Havelgeister hat es nicht nur unten im Fluss, sondern auch hier oben, im Turm.

Brigitte Seilers Hauptfeld bleibt die Ölmalerei. Sie sucht und konterfeit die Landschaften bei Berlin oder Potsdam, aber auch die Ostsee, zu der da ein hohler Birkenweg führt. Mit Staunen entdeckt sie das Darßer Fischland, malt, wie im Meer die Wogen brechen, als hätten ihr Hagemeister oder Sprotte persönlich zur Seite gestanden. Eine ins Ultramarin fliehende Sonnen-Abendstimmung, bei der es keinen Horizont mehr gibt, dann wieder der große „Seerosenteich bei Geltow“, Nikolskoe, blühende Apfelbäume: Gibt es eine Ausstellung, die einen nichts lehrte, die nicht bereicherte?

Ein Blick in diese kleine aber feine Bilderschau, ein zweiter zum Fenster hinaus, wo man das alles zumindest sinnbildlich wiederfindet. Ein dritter sollte dem hervorragend gelungenen Morgenstern-Zimmer gelten, dessen Bild hier wortwörtlich aus dem Rahmen fällt. Ein Fall für Genießer vom Fach!

Alles passt hier zusammen, die Freiluftgaststätte an Werders bergsteilen Hängen, der Turm mit Ausstellungsraum und Galgenbruder-Zimmer, der weite Blick rundum ins Land. Schöne Aussichten eben, derzeit in Werder!Gerold Paul

Ausstellung in der Bismarckhöhe, Altenkirchweg, bis 2. September, geöffnet jeweils Sonntag von 14 bis 18, Kontakt unter www.freundeskreis-bismarckhoehe.de

Gerold Paul

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